auch lesen: Nur einen Mausklick entfernt
Nicht ohne meine Homepage
Homepage als Archiv und Publikationsort
1998 fing ich an, die meisten meiner Texte ins Internet zu stellen: Artikel, Radiobeiträge, Vorträge. Wohin mich das führen würde, davon hatte ich damals noch keine Vorstellung. Anfangs reizte es mich schlicht, die neue Technik auszuprobieren. Außerdem war es eine gute Möglichkeit, meine Texte zu ordnen: Dank Google finde ich das Manuskript meiner zehn Jahre alten Radiosendung über Katharina von Bora wieder, das auf meiner Festplatte mysteriöser Weise verschwunden ist. Oder ich kann auf alle meine Texte auch dann zugreifen, wenn ich gerade bei einem Kongress in Salzburg oder im Urlaub in Brasilien bin. Über Links und eine nach Themen geordnete Seitenstruktur entstehen Querverweise und Verbindungen, mit denen sich ein Thema wunderbar vertiefen lässt. Inzwischen ist daraus ein richtiges Archiv mit über 400 Unterseiten gewachsen, auf das Menschen in aller Welt zugreifen.
Im Lauf der Jahre kamen neue Möglichkeiten hinzu: Auf verschiedenen Mailinglisten begann ich mich direkt im Internet mit anderen auszutauschen – egal, ob sie um die Ecke wohnen oder im Ausland. Vor einigen Jahren richtete ich dann einen Newsletter ein, mit dem ich monatlich alle, die ihn abonniert haben (fast 600 sind es inzwischen), über neue Texte, Projekte oder Veranstaltungen informiere. Seit kurzem habe ich auch einen Blog, auf dem ich spontan und von jedem Computer der Welt aus kürzere Kommentare oder Ideen ins Netz stellen kann.
Was mir am Internet besonders gefällt, ist dass Texte lebendig sind und jederzeit wieder verändert werden können – anders als bei gedruckten Büchern oder Zeitschriften. Die Nutzerinnen meiner Homepage weisen mich auf Fehler hin, auf sachliche Irrtümer, aber auch auf Gedanken, die sie falsch finden, und im Internet kann ich solche Anregungen minutenschnell in alte Texte einarbeiten. Auf diese Weise entwickeln die Texte eine eigene Geschichte – das zu dokumentieren ist eine der nächsten Etappen der Internetprogrammierung. Schon bald wird es möglich sein, einzelne Homepages nicht mehr nur in ihrer jeweils aktuellen Fassung zu finden, sondern auch in allen früheren. Ein wunderbares Projekt!
Das Netz als Marketinginstrument?
Für mich als freischaffende Publizistin ohne Anbindung an große Redaktionen oder Universitäten bietet das Internet natürlich auch eine Möglichkeit, meine Themen (und mich selbst) bekannt zu machen, und zwar ohne allzu sehr auf den »Markt« schielen zu müssen. Denn selbst Themen, die weit abseits des Mainstream liegen, finden hier ihre interessierte Zielgruppe, und sei sie auch noch so klein: So hat ein anarchistisches Projekt in Lyon meinen Text über eine vergessene Lyoner Sozialistin aus dem 19. Jahrhundert ins Französische übersetzt. Oder eine Wissenschaftlerin, die die Candomblé-Religion in Brasilien erforscht, tauschte sich mit mir über ihre Recherchen dort aus.
Andere Freiberuflerinnen fragen mich oft, ob ich nicht befürchte, dass meine Sachen »geklaut« werden, wenn ich sie so frei zugänglich mache. Aus meiner Erfahrung kann ich das nicht bestätigen. Im Gegenteil: Etwa die Hälfte meiner Aufträge generiere ich inzwischen über Internetkontakte, mit steigender Tendenz. Manchmal kommt es vor, dass ein Redakteur einen Text findet und ihn, so wie er ist, gegen Honorar abdruckt, aber das ist selten. Häufiger ergibt sich zu irgendeinem Thema ein Mailwechsel, aus dem dann neue Projekte entstehen: Einladungen zu Vorträgen oder Seminaren, Aufträge für neue Artikel oder Beiträge. Wenn Redakteurinnen oder Veranstalterinnen zu einem Thema googeln, finden sie meine Texte, können daraus zitieren, sich Anregungen holen oder sich auch ein Bild von mir als Autorin oder Referentin machen. Manchmal avanciere ich sogar unverhofft zur »Expertin« – ich bin schon in diversen Zeitschriften, im Fernsehen und selbst in englischen, japanischen und iranischen Medien zitiert worden (Dank Google ist das ja leicht rauszufinden).
Das Internet kann sich also auch durchaus finanziell lohnen, weil es Aufträge beschafft oder die eigene Bekanntheit steigert. Aber es funktioniert nicht, wenn es als reines Marketinginstrument benutzt wird. Seiten, auf denen nur Werbung steht, sind langweilig und werden nicht besucht und genutzt. Als Autorin, die hier publiziert, muss man diese selbstbestimmte Art des Publizierens schätzen: Ideen zirkulieren im Internet schneller, Textpassagen können fix kopiert und in neue Zusammenhänge gerückt werden. So entsteht ein anderes Verhältnis zu Urheberinnenschaft und geistigem »Eigentum«. Mir gefällt es jedenfalls, wenn ich meine Gedanken in überraschenden Zusammenhängen neu entdecke – so wie die Passage aus meinem Vortrag zum Thema »Kitsch«, die ich kürzlich auf einer Homepage von Pferdeliebhabern wiederfand.
HP als Beziehungsinstrument
Das Internet ist keine »Einbahnstraße«, wer sich hinein begibt, bekommt es dort mit anderen Menschen zu tun. Durchschnittlich 3500 mal pro Tag werden meine Seiten angeklickt, etwa 800 mal pro Tag wird auf ihnen »gesurft«, das heißt, jemand klickt sich durch mehrere Unterseiten. Und manche schreiben mir zurück: Sie fragen etwas nach, äußern Lob oder Kritik, erzählen ihre Lebensgeschichten oder schreiben Kommentare. Manche sind auch unverschämt oder missverstehen mich als billige Auskunftsquelle – aber zum Glück kann man Mails ja auch einfach löschen.
Wie bei allen Beziehungen, braucht man auch für Internetbeziehungen Zeit, um sie gut zu pflegen. Ich bemühe mich, alle Mails innerhalb von zwei bis drei Tagen zu beantworten – das gebietet die »Netiquette«, die Benimmregeln für das Internet, die sich inzwischen herausgebildet haben. Die richtige Balance zwischen Nähe und Distanz zu finden, ist dabei nicht immer leicht. Auch im Netz gibt es Streit und Konflikte, die sich dann ganz real in Ärger, Herzklopfen und schlaflose Nächte verwandeln können.
Jedenfalls ist es nicht wahr, dass das Internet »virtuell« sei. Denn es sind ja ganz reale Menschen aus Fleisch und Blut, die vor den Bildschirmen sitzen und auf die Tasten tippen. Schon oft habe ich auf Tagungen (und einmal sogar im Urlaub) Menschen getroffen, die ich »aus dem Netz« schon kannte. Und es sind bereits viele »handfeste« Projekte aus solchen Internetbeziehungen hervorgegangen: Tagungen, private Treffen, Buchprojekte. Die Grenze zwischen »privat« und »beruflich« wird durchlässiger – der unmittelbare Kontakt verschiebt hier Horizonte. Im Netz entstehen Freundschaften, werden Texte geboren, wie etwa ein Thesenpapier zum Thema Grundeinkommen, das im Frühjahr 2004 aus einer Mailinglisten-Debatte entstanden ist (www.gutesleben.org) und gemeinsame Denk-Orte, wie die Plattform www.bzw-weiterdenken.de, ein Internetforum für Philosophie und Politik, das ich zusammen mit anderen gegründet habe.
Keine Frage: Im Internet aktiv zu sein, kostet Zeit. Man muss aufpassen, sich nicht zu verheddern – ich persönlich gebe mir morgens höchstens eine halbe Stunde, um die aktuellen Mails zu lesen und die wichtigsten zu beantworten. Danach widme ich mich erst einmal den anstehenden Tagesaufgaben außerhalb des Netzes. Und meine Internetseiten aktualisiere ich, wenn ich gerade keine Energie für kreatives Schaffen aufbringe. Doch wenn ich dann später im Laufe des Tages immer mal »zwischendurch« ins Internet gehe, Mails lese und beantworte, dann ist das für mich, die ich alleine am Schreibtisch sitze, auch ein Ersatz für den Klatsch, den andere auf dem Büroflur haben. Jedenfalls empfinde ich die Zeit im Netz nicht als verlorene Zeit. Denn ich sitze da nicht einfach »am Computer«, sondern ich kommuniziere mit Menschen.
Was man beachten muss
Der erste Schritt beim Erstellen einer Internetseite ist die grundlegende Frage: Was will ich eigentlich veröffentlichen? Welche Texte oder Fotos habe ich schon und was müsste ich noch schreiben?
Wichtig ist es dann, sich eine gute Seitenstruktur zu überlegen, zum Beispiel mit thematischen Sparten, die eine inhaltliche Logik vorgeben. Am besten erstmal mit Bleistift und Papier. Danach erst sollte man sich an die technische Umsetzung machen.
Eine Programmierung von html-Seiten (der »Sprache« des Internet) ist für das Gestalten der eigenen Homepage heute nicht mehr erforderlich. Das besorgt eine entsprechende Software (zum Beispiel Microsoft-Frontpage), deren Seitenlayout ähnlich ist wie in Word. Vor allem aber sorgt die Software dafür, dass die verschiedenen Unterseiten der zuvor überlegten Logik entsprechend automatisch verknüpft und eingebunden werden.
Um die eigene Homepage dann »online« zu schalten, muss man eine Internetadresse und Speicherplatz anmieten – bei vielen »Webhosting«-Anbietern (zum Beispiel »1und1« oder »strato«) kostet das nur wenige Euro im Monat. Man bekommt dann ein Passwort, mit dem man die Homepage vom heimischen Computer auf den Server des Providers lädt, womit sie im WWW für andere zugänglich ist.
Hilfreich kann es sein, sich für den »Erststart« professionelle Beratung und Unterstützung zu holen, das kostet allerdings einige hundert Euro. Es gibt inzwischen eine Fülle entsprechender Web-Dienstleister. Diese schlagen häufig auch vor, ein individuelles Design zu entwerfen. Das ist verlockend, aber nicht nur eine Frage der Kosten: Wenn dafür nämlich der Rahmen der von der Software vorgegebenen Möglichkeiten verlassen und selbst programmiert wird, ist es unter Umständen schwierig, die Seiten später eigenständig weiter zu entwickeln.
Eine andere Möglichkeit ist es, sich ein so genanntes »Content-Management-System« einrichten zu lassen: Dann ist das Layout festgelegt und man fügt später nur noch die Texte selbst ein. Das hat den Vorteil, dass man sich um die Technik gar nicht kümmern muss. Der große Nachteil ist aber, dass man sich langfristig an diesen Dienstleister bindet und in der Gestaltungsfreiheit der eigenen Seiten sehr eingeschränkt ist. Unter allen Umständen ist aber darauf zu achten, dass die Aktualisierung der Website sowie das Einstellen neuer Texte selbst und ohne Umweg über einen fremden »Webmaster« erledigt werden kann.
Tipp zum Urheberrecht
Auch beim Veröffentlichen eigener Texte im Internet sind Nutzungsrechte zu beachten. Bei Texten, die von Festangestellten im Rahmen ihres Arbeitsauftrages verfasst wurden, liegen sie zum Beispiel grundsätzlich beim Arbeitgeber – und nicht beim Autor oder der Autorin. Aber auch Freiberufler haben unter Umständen die unbeschränkten Nutzungsrechte ihrer Texte an andere abgegeben – und das heißt, sie selbst dürfen sie nicht mehr publizieren. Daher lohnt sich im Zweifelsfall noch einmal der Blick ins Kleingedruckte der Verträge oder ein klärendes Gespräch mit den ehemaligen Auftraggebern.
In: Publik Forum, Br, 22, 23. November 2007