Die Genfer Frauensektion der Ersten Internationale
Die Erste Internationale Arbeiter-Assoziation (IAA) war eine Vereinigung von Männern. Wenn Peter Kropotkin schreibt, dass bei Gründung der Internationale »die Aufforderung an die Arbeiter erging, sich ohne Unterschied von Glauben, Geschlecht, Nation, Rasse oder Farbe zusammenzuschließen[^1]«, dann tut er der Organisation zuviel Ehre an: In den Statuten der IAA ist ausdrücklich nur die Rede von »allen Menschen, ohne Rücksicht auf Farbe, Glauben oder Nationalität[^2]«. Es ist kein Zufall, dass das Geschlecht fehlt. Bei allen sieben internationalen Kongressen und Konferenzen gab es ausschließlich männliche Delegierte, und auch in der ausgesprochen umfangreichen Literatur über die Erste Internationale kamen Frauen bislang so gut wie nicht vor[^3]. Daraus lässt sich aber keineswegs schließen, dass Frauen explizit ausgeschlossen gewesen wären, im Gegenteil: »Ladies are admitted[^4]«, betonte Marx kurz nach der Gründungsversammlung im September 1864 in London. Doch offenbar haben die Frauen von diesem Angebot nicht allzu regen Gebrauch gemacht.
Ein Grund dafür ist wohl, dass die Internationale – zumindest in ihren Anfangsjahren bis etwa 1868 – eine explizit antifeministische Organisation war. Auf den ersten beiden internationalen IAA-Kongressen 1866 in Genf und 1867 in Lausanne verabschiedeten die Delegierten Resolutionen gegen die Frauenerwerbsarbeit[^5], sie bezogen also Positionen, die sich ausdrücklich gegen die Forderungen der zeitgenössischen Frauenbewegung nach besseren Erwerbsarbeitsmöglichkeiten richteten[^6]. Gründe dafür waren vor allem der starke Einfluss des proudhonistischen Antifeminismus auf die Internationale in Frankreich sowie das Anliegen der englischen Gewerkschaften, einer möglicherweise lohndrückenden Konkurrenz weiblicher Arbeitskräfte entgegenzuwirken. Dieses frauenfeindliche Image blieb an der Internationale haften, auch wenn ab 1868 durchaus ein gewisser Kurswechsel einsetzte[^7] und sich dann auch zumindest einige Frauen an den Diskussionen in manchen Sektionen beteiligten[^8]. Noch 1926 schrieb die Frauenrechtlerin Hilde Lion, die frauenfeindliche Haltung der Internationale sei »legendär geworden[^9]«.
Frauensektionen in der Internationale
In größerer Anzahl sind Frauen deshalb nur Mitglieder der Internationale geworden, wenn bereits bestehende Gruppen und Initiativen aus der Arbeiterbewegung, in denen Frauen aktiv waren, geschlossen der Internationale beitraten. Der bekannteste dieser Anschlüsse ist der der Seidenarbeiterinnen in Lyon, die sich im Zusammenhang mit ihrem großen Streik im Sommer 1869 der Internationale anschlossen[^10]. Bekannt sind weiterhin die Beitritte der Mützenmacherinnen aus Liège 1868[^11], der Kettenmacherinnen und Schmuckpoliererinnen aus Genf im Januar 1870[^12] oder der Textilarbeiterinnen in Basel und Birsfelden mit »etwa 100 Mitglieder[n]«[^13]. Auch in Cadiz/Südspanien, im sächsischen Crimmitschau, in Limoges, in einigen Gegenden Portugals, in Niederösterreich, in Brünn/Mähren und in Wiglstadt/Schlesien gab es Frauensektionen oder Sektionen mit hohem Frauenanteil[^14]. Besonders zu erwähnen ist auch die »Union des Femmes«, die größte Frauenorganisation der Pariser Kommune, die von ihrer Gründerin Elisabeth Dmitrieff als Sektion der Internationale organisiert wurde[^15].
Es sind auch diese unter kollektiven, meist eben gewerblichen Gesichtspunkten organisierten Frauensektionen, um die es bei den in der Literatur häufig hervorgehobenen Diskussionen der Londoner Konferenz von 1871 zum Thema Frauensektionen ging. Damals empfahl Marx, übrigens unter Hinweis auf das Engagement der Frauen in der Pariser Kommune, »die Gründung von Frauensektionen unter den Arbeiterinnen[^16]«. Den Hintergrund dieses oft als Beleg für eine frauenfreundliche Haltung der Internationale angeführten Beschlusses bildeten Beschwerden von belgischen und französischen Delegierten, die befürchteten, eigenständige Frauensektionen in Gewerbezweigen, in denen sowohl Frauen als auch Männer Arbeit fanden, wie etwa in der Druckindustrie, könnten zu IAA-internen Konflikten führen, weil die Gefahr bestehe, dass beide unterschiedliche Interessen vertreten. Es spricht für Marx und die Mehrheit der Delegierten, dass sie sich dennoch für die Gründung von Frauensektionen aussprachen. Allerdings sollte man die Bedeutung dieses Beschlusses nicht überbewerten, denn er bestätigte nur eine bereits gängige Praxis und zeitigte wenig Wirkung.
Während diese gewerblich organisierten Sektionen das Gros der formalen Mitglieder der Internationale ausmachten, wurden die wichtigen, programmatischen Diskussionen über Strategien und Ziele der europäischen Arbeiterbewegung hauptsächlich von solchen Sektionen getragen, in denen sich einzelne Mitglieder unterschiedlicher, oft auch intellektueller Berufe zusammenschlossen. Diese Sektionen gab es vor allem in größeren Städten, wo sich sozialistisch denkende Arbeiter im Namen der Internationale zusammentaten. Sie warben neue Mitglieder, schrieben Stellungnahmen, gaben IAA-Zeitungen heraus, organisierten Vortragsabende usw.In diesen Sektionen hing die Beteiligung von Frauen stark von der theoretischen Ausrichtung der jeweiligen Gruppe ab. Das Spektrum reicht von Gruppen, die Frauen prinzipiell nicht aufnahmen, wie die erste Pariser Sektion, bis hin zu solchen, die die Teilnahme von Frauen explizit wünschten, wie verschiedene Sektionen in der Schweiz (etwa in Chaux-de-Fonds oder in Lausanne[^17]) und einige Arbeiterbildungsvereine in Böhmen[^18]. In der Regel waren diese theoretisch arbeitenden Sektionen jedoch stark männlich dominiert, ohne dieses Faktum weiter zu reflektieren.
Gründung und ideologische Breite der Frauensektion
Die 1868 in Genf gegründete Frauensektion ist daher eine Besonderheit. Es ist die wohl einzige über einen längeren Zeitraum bestehende und programmatische Inhalte vertretende Sektion der Internationale, in der sich Frauen unabhängig von ihrer Erwerbstätigkeit im Rahmen der IAA organisierten.
Über die Anfänge dieser Sektion ist wenig bekannt, erst ab 1869 tauchen häufiger Berichte über sie in den Genfer Arbeiterzeitungen auf, insbesondere im von Johann Philipp Becker herausgegebenen, deutschsprachigen »Vorboten« und in der ehemals anarchistischen, zu diesem Zeitpunkt aber bereits in die Hände des Bakunin-Gegners Nikolai Utin übergegangenen französischsprachigen »Egalité«. So erschließt sich auch das Gründungsdatum, Anfang 1868, aus einem Zeitungsbericht über die Feierlichkeiten zum vierjährigen Bestehen der Frauensektion in der Égalité vom 2.3.1872[^19]. Rolf Bigler irrt daher, wenn er meint, das »Kuriosum der ›Damensektion‹ … ist auf den Einfluß Bakunins zurückzuführen[^20]«, denn Bakunin ist erst zum Jahreswechsel 1868/69 in der Internationale aktiv geworden.
Nicht viele Mitglieder der Sektion sind namentlich bekannt. Die Initiatorin der Sektion ist Désirée Gay, geborene Vérét, eine Veteranin der 1848er Revolution in Frankreich und ehemalige Saint-Simonistin. Ab 1870 folgte ihr eine Frau Demarchi (deren Vornamen man nicht kennt) als Präsidentin nach. Namentlich genannt werden auch Marie Louvel, die im April 1870 die Sektion als Delegierte beim Kongress der romanischen Föderation der Internationale (der Sektionen aus den französischsprachigen Gebieten der Schweiz) vertrat, sowie die Schneiderin Marie Petitpierre, die von der Sektion ab 1871 in den Schweizer Föderalrat delegiert wurde[^21]. Auch Bakunins Frau, die Polin Antonia Kwiatkowska, war Mitglied in der Sektion, und zwar mindestens seit Ende 1868[^22]. Weitere Mitglieder waren schließlich Olga Levaschov, eine der wichtigsten (und finanzkräftigsten) Vertreterinnen der russischen Internationale in Genf, sowie die bekannte, im allgemeinen als Marxistin geltende Internationalistin Elisabeth Dmitrieff. Schließlich ist auch die Kommunardin Marguerite Tinayre nach ihrer Flucht aus Frankreich der Frauensektion beigetreten.
Schon diese wenigen Namen reichen aber aus, um das außerordentlich breite Spektrum der Mitglieder zu verdeutlichen: Russinnen, Schweizerinnen, Französinnen, Anarchistinnen, Frühsozialistinnen, Marxistinnen – angesichts der normalerweise sehr klaren Begrenzung einzelner IAA-Sektionen auf Nationalitäten bzw. ideologische Ausrichtungen ist diese Zusammensetzung ziemlich außergewöhnlich. Die männlichen Sektionen in Genf zum Beispiel teilten sich in deutsch-, französisch- und russischsprachige Sektionen auf, während die Nationalitäten übergreifende Sektion der auf Initiative Bakunins gegründeten »Allianz der Sozialistischen Demokratie« sich über ein eigenes inhaltliches Programm definierte. Die Zugehörigkeit zum Geschlecht Frau stellte also offenbar einen genügend starken Identifikationspunkt dar, hinter dem nationale und ideologische Unterschiede unter den Mitgliedsfrauen zurücktreten konnten, wenn dies auch – wie später noch zu sehen sein wird – nicht immer konfliktfrei ablief.
Von Anfang an war das Bemühen da, die Sektion fest in den Genfer IAA-Strukturen zu verankern. Im Februar 1869 unterstützte die Sektion streikende Arbeiterinnen in Basel mit einer Spende von 30 Francs[^23] und sammelte im Mai 1870 für streikende Ziegelbrenner[^24], sie war Mitglied im Genfer Kantonskomitee, einem Zusammenschluss der IAA-Sektionen des Kantons[^25] und Mitgesellschafterin einer im März 1870 gegründeten genossenschaftlichen Druckerei[^26]. Prominente Internationale wie Johann Philipp Becker oder Henri Perret waren Redner auf ihren Veranstaltungen[^27].
Die ideengeschichtlichen Wurzeln: Der Saint-Simonismus
Die ideengeschichtlichen Wurzeln der Gründung einer Frauensektion liegen im Saint-Simonismus, einer frühsozialistischen Bewegung, die in den 20er und 30er Jahren in Frankreich das Konzept der Geschlechterdifferenz in den politischen Diskurs eingebracht hat, und bei der die spätere Gründerin der Frauensektion, Désirée Gay, ihre politsche Laufbahn begann. »Der Mann und die Frau – das ist das soziale Individuum[^28]« – diese Formulierung von Barthelmy Prosper Enfantin, einem von zwei wichtigen Führungsfiguren des Saint-Simonismus, bringt diesen Ansatz auf den Punkt: Den Menschen als solchen gibt es nicht, sondern nur in der Variante Mann oder Frau. Für sich genommen sind beide defizitär, erst zusammen können sie das Menschsein repräsentieren. Die als ›weiblich‹ gekennzeichneten, häufig auch aus der Mutter-Kind-Beziehung hergeleiteten sozialen Kompetenzen von Frauen wurden im Saint-Simonismus positiv besetzt und waren keineswegs auf den engen Bereich der Familie beschränkt. Im Gegenteil: Sie sollten gerade nach außen, in die Gesellschaft hinein wirken. Insbesondere Enfantin vertrat die Auffassung, dass nur Frauen selbst diese Seite authentisch vertreten könnten: »Jeder Mann, der vorhat, der Frau ein Gesetz aufzunötigen, ist kein Saint-Simonist, und die einzige Position, die der Saint-Simonist der Frau gegenüber einnehmen kann ist, seine Inkompetenz zu erklären, sie zu beurteilen[^29]«, schrieb Enfantin. Dies führte in der politischen Praxis zur Gründung separater Frauen- und Männergruppen und zum Konzept einer immer komplementär besetzten Führungsstruktur. Diese strikte, teilweise auch ins biologistische neigende Auffassung der Geschlechterdifferenz bildete auch später noch eine starke Barriere gegen alle sozialistischen Modelle, bei denen Männer quasi stellvertretend die Interessen von Frauen wahrnehmen sollten. Sie hatte außerdem innerhalb der Bewegung zu ausführlichen Diskussionen über die Art und Weise der Beteiligung von Frauen in einer sozialrevolutionären Bewegung geführt[^30].
Désirée Gay – die damals, vor ihrer Heirat, noch Véret hieß und sich ihren Lebensunterhalt als Schneiderin verdiente – kam 1830 im Alter von zwanzig Jahren zur saint-simonistischen Bewegung[^31]. 1832 gründete sie zusammen mit anderen die Zeitung »La Femme libre«, sie war auch eine derjenigen, die als erste die »Frauenfrage« mit der »Arbeiterfrage« verknüpften. Frauengruppen verstand sie nicht nur als Solidaritätsgemeinschaften zur Durchsetzung von Fraueninteressen, sondern versprach sich davon neue theoretische Impulse für die Programmdiskussionen sozialer Bewegungen: »Ich möchte die Frauen, die imstande sind, an unserem Werk zu arbeiten, von der allzu großen Fixierung auf den Saint-Simonismus lösen, weil das sie daran hindert, ihre eigenen Ideen zu entwickeln. … Die Frauen sollen ihren eigenen Beitrag leisten, und deshalb müssen sie woanders suchen und ihre eigenen Gedanken bilden, ohne sich danach zu richten, was die Männer an anderer Stelle gesagt haben. Was die Frauen zu sagen haben, ist genau so unterschiedlich wie die Natur von Mann und Frau.[^32]« Schon damals beabsichtigte sie deshalb, »eine Assoziation von Frauen zu bilden, die offen ist für alle Meinungen. … Diese Vereinigung wird einen politischen Charakter haben, glaube ich, zumindest werde ich alles daransetzen, um dieses Ziel zu erreichen[^33]«.
Ende 1832 löste sich Désirée Véret von Saint-Simonismus, denn sie war nun davon überzeugt, dass »alle sozialen Fragen von der Freiheit der Frauen abhängen[^34]« und dass es daher notwendig sei, mit allen Gruppen und Initiativen zusammenzuarbeiten, die dabei nützlich sein könnten. Sie knüpfte auch Kontakte zu anderen Frühsozialisten wie Charles Fourier und zu Victor Considérant, mit dem sie eine lebenslange Freundschaft verband, und reiste im Frühjahr 1833 nach England, wo sie owenistische Gruppen besuchte, sich mit Anna Wheeler anfreundete, und wo sie auch ihren späteren Ehemann kennen lernte, Jules Gay, den sie 1837 heiratete und der sie dann bei ihrer Rückkehr nach Paris begleitete. Im gleichen Jahr wurde ihr Sohn Francois geboren, bereits ein Jahr später ihr zweiter Sohn Jean. In der Revolution von 1848 war Désirée Gay erneut stark engagiert, vor allem in der Organisation der Frauenerwerbsarbeit. Stärker als früher machte sie sich nun Gedanken über Frauenerwerbsarbeit, Einkommen und materielle Absicherung. Gemeinsam mit Jeanne Deroin gründete sie die radikale Frauenzeitung »La Politique des femmes«, sie bezeichnete sich nun dezidiert als Sozialistin. Nach der Wende zum zweiten Kaiserreich entging sie – anders als Deroin – der Verfolgung, offenbar betrieb sie nun eine eigene Schneiderei.
Es ist nicht bekannt, warum Désirée Gay mit ihrer Familie 1865/66 nach Genf übersiedelte und wie sie dort zur Internationale kam. Die IAA wurde in Genf vor allem durch den deutschen Revolutionsveteran Johann Philipp Becker vertreten und bekannt gemacht, der der »Frauenfrage« vergleichsweise offen gegenüber stand[^35]. Deshalb hatte die Internationale hier, anders als in Frankreich, kein antifeministisches Image. Es ist also gut möglich, dass Gay im Rahmen der IAA eine Möglichkeit sah, ihren alten Wunsch, eine politische Frauenvereinigung zu gründen, erneut in Angriff zu nehmen, um eine dezidiert weibliche Perspektive in der Arbeiterbewegung zu verankern: »Unser politisches Ziel ist das gleiche wie das der Männer. Aber unser Standpunkt ist ein anderer. Jeder von uns muss seine Originalität bewahren. Unter dem breiten Banner des Sozialismus kann die Politik der Frauen mit der Politik der Männer in einer Front marschieren[^36]« – für dieses bereits in der 1848er Revolution entwickelte Konzept sah sie nun im Rahmen der Internationale neue Chancen.
Integration weiblicher Interessen und Anliegen in die Internationale
Die Frauensektion, so wie sie von Désirée Gay konzipiert worden war, hatte das Anliegen, Frauen mit verschiedenen Interessenslagen in die Arbeiterbewegung zu integrieren – nicht nur Erwerbsarbeiterinnen, sondern auch Familienarbeiterinnen, also Mütter, Hausfrauen, Ehefrauen von Arbeitern. Doch dies war angesichts der völlig an den Interessen männlicher Erwerbsarbeiter orientierten Programmatik der Internationale gar nicht so einfach. Jules Gay, Désirées Ehemann, schrieb im Januar 1869 in einem Brief an Michael Bakunin: »Die Frauen arbeiten im allgemeinen alle ein bißchen darauf hin, bürgerlich zu werden. …. Wir Männer verlieren viel Zeit mit … revolutionären Komplotts, das ist in ihren Augen nur ein Vorwand, sich aus dem Haus zu entfernen oder zu trinken, alles Dinge, die weit davon entfernt sind, das Haus zu bereichern oder dazu geeignet, ins Bürgertum oder in eine unabhängige Position aufzusteigen. Schließlich haben sie vor allem genausoviel Angst vor den Revolutionären, die alles neu einrichten wollen, wie vor denen, die in die Vergangenheit zurück wollen, weil das Ergebnis für ihren Haushalt dasselbe ist.[^37]«
Das Problem der Einbeziehung von Frauen in die sozialistische Bewegung hatte verschiedene Seiten: Einerseits waren Frauen tendenziell vorsichtiger, vielleicht eine Folge ihrer unmittelbaren und alltäglichen Verantwortung für Kinder und alte Menschen. Zum anderen war es eben tatsächlich so, daß manche Arbeiter sich unter Hinweis auf ihr sozialistisches Engagement aus der familiären Verantwortung stahlen. Und schließlich wurden weibliche Interessen in den Aktivitäten der Arbeiterbewegung unzureichend berücksichtigt, was ein Engagement für Frauen eben weniger attraktiv machte.
Die Frauensektion versuchte, diese Einwände und Hemmnisse zu beheben, indem sie vor allem pragmatische Projekte initiierten, die einen konkreten Nutzwert boten. Ganz wichtig war dabei das Engagement für den »Temple Unique«, das offizielle Vereinshaus der Internationale in Genf. Der »Temple Unique« wurde von den Genfer IAA-Sektionen im Frühjahr 1869 bezogen und lag nach Berichten am Boulevard de Plainpalais, unterhalb der Gärten der Rue des Granges[^38]. Désirée Gay hatte sich bereits 1848 für die Gründung solcher Begegnungszentren eingesetzt, mit Kantinen für die Arbeiterfamilien, Bibliothek und Gemeinschaftsräumen. Hier konnten Frauen und Männer zusammenkommen, hier würden sich privates und öffentliches Leben vermischen und dadurch auch die geschlechterspezifische Trennung von Sphären gemildert. Frauen – so jedenfalls die Theorie – würden von Teilen der Hausarbeit entlastet, gleichzeitig hätten die Männer einen Ort für ihre politischen Treffen und würden so weniger Zeit in Wirtshäusern verbringen[^39].
Ob und inwieweit dieses Modell im »Temple Unique« tatsächlich funktionierte, ist bislang nicht untersucht worden, jedenfalls engagierte sich die Frauensektion stark für dieses Vereinshaus. Die Treffen der Sektion fanden hier statt, die Frauensektion stiftete die rote Fahne und einen Pokal für das Vereinshaus[^40], und der Vorbote berichtet von weiterengeselligen und sozialen Zusammenhalt stiftenden Aktivitäten. In der Ausgabe vom Januar 1870 heißt es zum Beispiel: »Am Weihnachtstag wurde von der Frauensektion, natürlich ohne alle religiöse Färbung, 500 Kindern der Assoziationsmitglieder ein schönes Fest bereitet[^41] und jedes derselben mit angemessenem Spielzeug beschenkt[^42]«. Das imposante Gebäude funktionierte schon bald als genossenschaftlich geführter Wirtschaftsbetrieb, der offenbar »ansehnlichen Reingewinn[^43]« abwarf. An diesem Erfolg war die Frauensektion maßgeblich beteiligt.
Diese Aktivitäten der Frauensektion lassen auf eine beachtliche Mitgliedsstärke schließen, da sie mit viel ehrenamtlichem Arbeitsaufwand verbunden waren. Eines der wichtigsten Projekte wurde schon bald die Organisation von Unterstützung für arbeitslose Frauen. Im November 1869 berichtet der Vorbote: »Die Frauensektion verschafft nicht blos arbeitslosen Mädchen angemessene Plätze, sondern indem sie einige Industriezweige auf eigene Rechnung betreibt, sucht sie dieselben zu einem selbstständigen und besseren Verdienste heranzubilden.[^44]« Die Sektion betrieb eine Produktionsgenossenschaft für Näherinnen und Schneiderinnen, und sie nutzte ihre Mitgliedschaft in der Internationale gezielt, um für die Produkte dieser Genossenschaft zu werben.
Doch nicht nur für die Interessen der erwerbstätigen Frauen trat die Sektion ein. Auch die nicht erwerbstätigen Frauen, Mütter und Ehefrauen der Arbeiter, wurden aufgefordert, sich über die Frauensektion der Internationale anzuschließen. Désirée Gay hatte schon in ihrer frühsozialistischen Zeit mit der Bedeutung der Mutterschaft auseinandergesetzt: »Differierende Religionsmeinungen müssen in einem einzigen Leitgedanken, dem unserer Emanzipation, verschmolzen werden. Das Banner der Frauen ist allumfassend, denn sind sie nicht alle, wie unsere Schwester Suzanne[^45] sagt, durch ein gleiches Band vereint: die Mutterschaft?[^46]« und: »An den häuslichen Herd verbannt, weiß die proletarische Frau besser als der Mann, was sie von … der Souveränität des Volkes zu halten hat. Die politischen Freiheitsillusionen lassen sie noch grausamer die Klauen des Elends oder der Armut im Innern der Familie spüren. … Dort ist die Ehe eine schwere Kette und die Mutterschaft eine Verschärfung ihrer Sorgen und Qualen.[^47]« Daher war sie auch der Meinung, es sei falsch, die Erwerbsarbeit zum Dreh- und Angelpunkt der sozialistischen Bewegung zu machen. Auch Hausfrauen, die durch Haus- und Konsumptionsarbeit einen wichtigen Beitrag zum Familienwohlstand beitrugen[^48], müßten Gegenstand sozialistischer Überlegungen sein. In den Themen der Treffen der Frauensektionen schlägt sich das nieder, wenn es etwa um die »häusliche Wirtschaft[^49]« ging.
Wichtig war Gay die Einbeziehung der Frauen und ihrer Anliegen in die sozialistische Beziehung auch deshalb, um dem häufigen Umstand zu begegnen, daß die Frauen, besorgt um das wirtschaftliche Auskommen der Familie, das politisch-agitatorische Engagement ihrer Männer nicht immer guthießen: »Die Frau aus dem Volke wird den Mann unterstützen, wenn er nach Hause kommt, und, noch voll von der Begeisterung der Straße und der Clubs, mit der nüchternen Wirklichkeit des Elends konfrontiert wird, in dem sich seine Familie befindet … Auch sie soll zu uns kommen, um uns ihre Bedürfnisse mitzuteilen und was sie für sich selbst und ihre Kinder will; und wenn sie uns dann verlässt, soll sie mit einem guten Rat nach Hause gehen, mit einem Stückchen Hoffnung für den Arbeiter, der sich seinerseits mit Politik und sozialen Fragen beschäftigt hat[^50]«.
Die Frauensektion bot daher verschiedene Ansätze zur Integration von proletarischen Frauen mit ihren Interessen in die Arbeiterbewegung: Durch die Einbeziehung der Frauen in die Internationale würden Frauen aus ihrer familiären Isolation herausgeholt und Teil der »Bewegung«, mit deren Anliegen vertraut und daher weniger skeptisch. Durch gegenseitige Hilfe, die kooperative Organisation von Hausarbeit im »Temple Unique« und die Gründung von Hilfskassen und Krankenversicherungen würde auch die Sorge für Kinder, Kranke und alte Menschen bis zu einem gewissen Grad kollektiviert. Die Etablierung des »Temple Unique« als Veranstaltungsort für gesellschaftliche Ereignisse würde auch den Männern eine Alternative zu herkömmlichen Kneipen bieten und den Widerspruch zwischen Freizeitgestaltung im Kreis anderer Sozialisten und familiärer Verantwortung aufheben. Und die Befragung der Frauen nach ihren eigenen Interessen und Anliegen würde schließlich die Internationale auch in dieser Hinsicht für Frauen attraktiver machen.
Während jedoch die berichteten Aktivitäten der Frauensektion davon zeugen, dass es sich hier um eine funktionierende und prosperierende Gruppe handelte, so waren die Initiatorinnen skeptisch, was ihren Einfluss auf den männlichen Teil der Internationale betrifft. Im November 1872 noch mußte etwa Präsidentin Desmarchi die Frauensektion gegen Angriffe eines Arbeiters verteidigen, der sie offenbar mit einem bürgerlichen Frauenverein verwechselt hatte und aufgrund ihres vermeintlich »bürgerlichen« Programms öffentlich den Ausschluß der Frauensektion aus der Internationale gefordert hatte. Angesichts des weitreichenden Engagements der Frauensektion muß es uns in der Tat mit Demarchi bedenklich stimmen, »dass jemand, der sich ein ›wahrer Internationaler‹ nennt, diese beiden Gesellschaften … verwechselt. Hoffen wir nur, dass der Autor dieses Missgriffs kein Mitglied unseres Föderalrates ist, denn ein solcher Irrtum wäre bei unseren Genfer Brüdern unmöglich[^51]«.
Die Feindseligkeit großer Teile der männlichen Internationale ging sogar soweit, dass sich die Frauensektion offenbar Selbstzensur in ihrem öffentlichen Auftreten auferlegte. Jedenfalls schrieb Demarchi: »Die Zentralsektion der Arbeiterinnen, unglücklicherweise die einzige Frauensektion, die Mitglied der Internationale ist, hat durchaus eine dezidierte Meinung zur Frage der Frauenarbeit und zur Rolle, die der Arbeiterin auf dem Gebiet der ökonomischen Aktivitäten zukommt, aber bisher hat sie darauf verzichtet, ihre Überzeugungen zu diesem Thema öffentlich zu verbreiten, und zwar aus folgendem Grund: Die Sektion hat sich bisher als zu isoliert und zu wenig zahlreich betrachtet, um sich zu dieser Frage zu Wort zu melden, die immer noch eine sehr delikate Frage ist, und zu der man sich nicht äußern kann, ohne ungläubiges Gelächter oder Entrüstungsstürme hervorzurufen, sogar von Seiten derer, deren Interesse eigentlich mit unserem eng verbunden ist. Davon überzeugt, dass Taten bessere Argumente sind als die überzeugendsten Worte, wartet die Sektion der Arbeiterinnen noch, bis die in Berufsgruppen vereinigten und organisierten Arbeiterinnen ein fester Bestandteil der Arbeiterbewegung sind und ihre berechtigten Forderungen auf unangreifbare Weise formulieren können. Wir hoffen, dass diese Zeiten nicht mehr weit sind.[^52]«
Wenn man bedenkt, mit welcher Selbstsicherheit sich selbst kleinste Männercliquen im Rahmen der IAA mit Thesen und Forderungen zu Wort meldeten und Texte produzierten, die durch eine umfangreiche Forschung dokumentiert und analysiert wurden, dann wird der schmerzliche Verlust deutlich, den dieser selbstauferlegte Verzicht der Frauensektion, ihre theoretischen Diskussionen öffentlich zu machen, für die heutige Erforschung der sozialistischen Bewegung bedeutet, und wie sehr unser Bild von der Internationale zugunsten des männlichen Denkens verzerrt sein muß.
Die Frauensektion und die Kontroverse zwischen Marxisten und Anarchisten
Unter der Präsidentschaft von Désirée Gay gelang es der Frauensektion eine zeitlang, sich nicht in die ideologischen Kontroversen der verschiedenen IAA-Fraktionen in Genf hineinziehen zu lassen. Dies hatte jedoch nicht nur den pragmatischen Grund, dass ja Frauen aus den unterschiedlichen Lagern erreicht werden sollten, sondern entsprach auch Gays Überzeugung, dass Frauen diese Art politischer Kontroversen grundsätzlich nicht teilen. Unter Frauenpolitik verstand sie gerade nicht die Anlehnung an die politischen Diskurse der Männer: »Überlassen wir den Männern diese Unterscheidungen der Namen und Meinungen; sie sind ihnen nützlich: Ihr Geist, systematischer als unserer, muss die Fortschritte, die er macht, an einen Namen knüpfen, um ordnungsgemäß vorgehen zu können; wir jedoch, als Gefühlswesen und voller Inspiration, überspringen die Traditionen und Regeln, von denen die Männer nur mit Mühe ablassen können. … Die Männer bringen Lehrmeinungen und Systeme hervor und taufen sie mit ihren Namen, wir jedoch bringen Menschen zur Welt; wir sollten ihnen unseren Namen geben und unseren eigenen nur von unseren Müttern und Gott annehmen. Das ist das Gesetz, das die Natur uns diktiert, und wenn wir fortfahren, Namen von Männern und Doktrinen anzunehmen, werden wir, ohne es zu merken, zu Sklaven der Prinzipien, die sie hervorgebracht haben und über die sie eine Art Vaterschaft besitzen.[^53]«
Doch als die ideologische Spaltung zwischen – verkürzt gesagt – »Marxisten« und »Anarchisten« in Genf immer offensichtlicher wurde, ließ es sich nicht vermeiden, dass diese Themen auch in die Frauensektion hineingetragen wurden. So gibt es Hinweise, daß Antonia Bakunin in der Frauensektion für die Inhalte und Ziele von Bakunins »Allianz der sozialistischen Demokratier« warb, was aber offenbar andere in der Sektion kritisierten. Im Januar 1869 schrieb Jules Gay, Desirées Ehemann, an Michael Bakunin: »Sie denken, daß Mme Bakunin Gegenstand einiger Opposition in der Section des Dames sei. Das ist möglich, allerdings nicht soweit es sie selbst betrifft, … sondern, erlauben Sie mir Ihnen das zu sagen, wegen Ihnen. Man kann nicht leugnen, daß sie Ihnen vollständig ergeben ist. Es genügt, daß sie in einer Frauenersammlung anwesend ist, damit sie versucht, dort wieder anzubringen, was Sie propagieren wollen; … Von daher kommt ein wenig die Kritik an Mme Bakunin[^54]«.
Diese zeitgenössische Einschätzung, Antonia Bakunin habe kritiklos die Positionen ihres Mannes vertreten, ist überraschend, wenn man bedenkt, dass in den meisten Bakunin-Biografien die Auffassung vertreten wird, Bakunins Ehefrau habe seine politischen Anliegen nur wenig geteilt und kaum unterstützt. Zumindest für diese Jahre in Genf scheint das nicht zu stimmen. Offenbar war es mehr als eine formale Angelegenheit, daß sie in den Mitgliederlisten der Allianz der sozialistischen Demokratie geführt wird. Die Allianz, in der übrigens auch Désirée Gay Mitglied war, vertrat einen sehr radikal-egalitären Feminismus, der unter den gemischtgeschlechtlichen politischen Gruppen dieser Jahre einzigartig ist. In ihrem Programm heißt es an prominenter Stelle: »Die Allianz … will vor allem die politische, ökonomische und soziale Gleichmachung … der Individuen beider Geschlechter« und »Sie will für alle Kinder beider Geschlechter, von ihrer Geburt an und das ganze Leben, die Gleichheit der Entwicklungsmöglichkeiten, das heißt des Unterhalts, der Erziehung und der Ausbildung in allen Bereichen der Wissenschaft, der Industrie und der Kunst, weil sie davon überzeugt ist, daß diese Gleichheit, die zunächst nur ökonomisch und sozial ist, nach und nach zu einer größeren natürlichen Gleichheit der Individuen führen wird, indem sie alle künstlichen Ungleichheiten verschwinden läßt, die das historische Produkt einer gleichermaßen falschen und ungerechten sozialen Organisation sind.[^55]«
Es ist leicht vorstellbar, daß die Forderung nach einer »Gleichmachung« von Frauen und Männern, die Vorstellung, sämtliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern ließen sich durch eine egalitäre Erziehung und Sozialisation abschaffen, den meisten Frauen nur schwer vermittelbar war. Ähnlich wie die sozialistischen Forderungen der Allianz nach Abschaffung des Erbrechts und des Staates war auch ihr feministisch-egalitäres Programm in der Arbeiterbevölkerung – und für diese stand die unter anderem auch die Frauensektion – nicht vermittelbar. Dies bedeutet jedoch keineswegs, daß die Anliegen der Allianz und der Frauensektion unvereinbar gewesen wären, im Gegenteil: Die Allianz verstand sich ja als revolutionäre Avantgarde: »Die Alliance ist … die notwendige Ergänzung der Internationale … Die Internationale hat den Zweck, die Arbeitermassen, die Millionen von Arbeitern über nationale und lokale Unterschiede, über alle Staatsgrenzen hin zu einem einzigen ungeheuren und kompakten Körper zu vereinigen. Mission der Alliance ist, diesen Massen eine wirklich revolutionäre Richtung zu geben.[^56]«
Es ist daher folgerichtig, wenn Frauen wie Desirée Gay und Antonia Bakunin gleichzeitig Mitglieder der (gemäßigten) Frauensektion wie auch der (radikalen) Allianz waren – ebenso wie etwa Johann Philipp Becker sich auch gleichzeitig in der deutschen Sektion und in der Allianz engagierte. In der Allianz hatten die Militanten einen Ort, um radikale sozialistische und feministische Programme zu diskutieren und auszuarbeiten, in der Frauensektion (oder einer anderen »gemäßigten« Sektion) konnten sie dem eigenen Engagement und ihren Überzeugungen eine breitere Basis geben und dahingehend wirken, daß die weniger militante Arbeiterbevölkerung nicht durch »falsche« Ideologien, etwa eine sich sozial gebende Monarchie oder eine radikal-liberal argumentierende Bourgeoisie, auf »Abwege« gebracht wurde.
Auch wenn sie der Allianz verbundenen war, hatte Désirée Gay keinerlei Interesse daran, die Frauensektion auf eine ideologische Linie festzulegen. Die Frauensektion äußerte zwar durchaus Kritik an antifeministischen Tendenzen der Internationale, insbesondere am Proudhonismus, aber solche extrem frauenfeindlichen Prositionen zu kritisieren war auch unter gemäßigten Frauen nicht umstritten. Der Schwerpunkt der Aktivitäten der Frauensektion war aber die Gründung konkreter Projekte und Kooperativen, entscheidend war dabei das Interesse, die IAA auf ihre Seite zu bringen und für die Interessen der Frauen nutzbar zu machen, nicht, sich an deren internen Querelen zu beteiligen. Daher versuchte Désirée Gay auch, Antonia Bakunin davon abzubringen, das radikale Programm der Allianz hier zu thematisieren.
Anfang 1870 jedoch geriet die Frauensektion zunehmend unter den Einfluß der Bakunin-Gegner Nikolai Utin und Elisabeth Dmitrieff. Durch die Unterstützung der jungen, enthusiastischen Revolutionärin Dmitrieff, die Ende 1869 nach Genf kam, bekam Nikolai Utin, ein junger Russe, dem Bakunin die Aufnahme in die Allianz verweigert hatte und der diesem seither grollte, Auftrieb. Im März 1870 gründeten Dmitrieff und Utin eine russische Sektion, die zwar nur eine Handvoll Mitglieder hatte, aber durch geschicktes Auftreten, vor allem gegenüber dem Londoner Generalrat, dem sie Informationen über angebliche »Umtriebe« Bakunins lieferte, eine Schlüsselrolle bei der Spaltung der schweizerischen Internationale in einen »marxistischen« und einen »anarchistischen« Flügel spielte[^57]. Und auch in der Frauensektion gewannen sie an Einfluß.
Etwa zu dieser Zeit wurde Desirée Gay als Präsidentin der Frauensektion von Frau Desmarchi abgelöst. Es ist zwar nicht bekannt, ob Gays Rücktritt Utin und Dmitrieff erst die Möglichkeit gegeben hat, in der Frauensektion stärker für ihre Positionen zu werben, oder ob umgekehrt deren steigender Einfluß Gay zum Rückzug bewogen hat, doch dies ist für die folgende Entwicklung auch nicht entscheidend. Utin und seine Gruppe versuchen nun, sich immer stärker als Anwältin von Fraueninteressen zu profilieren und diese Rolle der Allianz gewissermaßen streitig zu machen. Eine entscheidende Rolle dabei spielte auch Olga Levaschov, eine ältere Russin, die ursprünglich Bakunin finanziell unterstützt hatte, sich nun aber auf die Seite von Utin und Dmitrieff stellte[^58]. In der Egalité häuften sich nun die lobenden Berichte über die Frauensektion, gleichzeitig gibt es eine Tendenz zur stärkeren Betonung der »proletarischen« Rolle von Frauen, indem man bekräftigt, daß »die Frau bereits gezeigt hat, daß sie fähig ist, an unseren politischen und sozialen Kämpfen teilzunehmen, daß sie sich selbst einen Platz unter uns erobert hat, und diese feste Union zwischen den Arbeitern und den Arbeiterinnen ist die sicherste Garantie unseres nahen Triumphes[^59]« und »diese schwerwiegende Fehler gegenüber dem Fortschritt der Menschheit, der dazu führte, dass man die ersten Schritte der Frauen zu ihrer Befreiung verhöhnte und behinderte, Terrain zu verlieren beginnt und früher oder später verschwinden wird[^60]«. Im Sommer 1870 gibt sich die Sektion einen neuen Namen und heißt jetzt »Section des Travailleuses« statt wie bisher »Section des Dames[^61]«, und es gibt eine deutliche Tendenz zur stärkeren Einbeziehung von Frauen in die Aktivitäten der Genfer Internationale insgesamt[^62].
Dass die Frauen trotz des feministischen Programms der Allianz und obwohl die Frauensektion ursprünglich von engagierten Allianz-Mitgliedern gegründet und gefördert worden war, ins gegnerische Lager überliefen, ist abernicht nur der Agitation von Dmitrieff und Utin oder den Finanzmitteln Levaschovs zuzuschreiben. Die Allianz selbst und insbesondere Bakunin sind an dieser Entwicklung nicht ganz unschuldig. Um ein unerwünschtes Eindringen von Utin-Anhängerinnen in den Kreis der Allianz zu verhindern, hatte Bakunin im Frühjahr 1870 nämlich den Beschluß herbeigeführt, Frauen grundsätzlich die Aufnahme in das Zentralbüro der Allianz zu verweigern. Darüber informiert Bakunin selbst in seinen Erinnerungen: »In einer dieser Sitzungen des Zentralbureaus behandelte man einmal die Zulassung von Frauen in das Bureau. Ein solcher Vorschlag war von einigen Freunden gemacht worden, gründenden Mitgliedern der Allianz und ihr sehr ergeben, die aber, ohne dies zu ahnen, indem sie diesen Vorschlag machten, als unbewußte Werkzeuge der Utinschen Intrige handelten. Wer die Art und Weise vorzugehen dieses kleinen Juden[^63] kennt, weiß, dass eines seiner Hauptaktionsmittel die Frauen sind. Durch die Frauen schlängelt er sich überall hinein, selbst heute, sagt man, in den Londoner Generalrat. Er hatte gehofft, durch Vermittlung der Frauen seine kleine Fahne ohne Programm, sein kleines intrigantes Ich im Schoß der Allianz aufpflanzen zu können. Dies war eine der Ursachen, aus denen ich mich absolut der Zulassung der Frauen in unserer Bureau widersetzt hatte. Aber ich widersetzte mich auch aus Prinzip. Ich bin so sehr wie nur jemand Anhänger der vollständigen Emanzipation der Frauen und ihrer sozialen Gleichmachung mit den Männern, aber daraus folgt nicht, dass man diese Frauenfrage überall hineinbringen muß, selbst wo von ihr keine Rede ist[^64]«.
Es ist kaum anzunehmen, dass Feministinnen wie Desirée Gay, die ihr Leben lang die Bedeutung der »Frauenfrage« deutlich zu machen versucht hatten, sich mit einer solchen Argumentation zufrieden gegeben hätte. Jedenfalls machte es Bakunin durch ein solches Vorgehen seinen Gegnerinnen und Gegnern leicht, das bisherige Image der Allianz als feministische Gruppe in Frage zu stellen. Unmittelbar nach diesem Allianzbeschluß nominierte die Frauensektion prompt Marie Louvel als Delegierte für den Kongreß der romanischen Föderationen im April 1870 in Chaux-de-Fonds – es war die erste weibliche Delegierte bei einem größeren Kongreß der Internationale überhaupt. Das Ereignis wurde in Genf mit einem großen Fest im Temple Unique gefeiert und von prominenten Rednern der Internationale, darunter Utin, gewürdigt[^65].
Bei diesem Kongreß in Chaux-de-Fonds kam es zur Spaltung zwischen der Allianz und den Sektionen des Jura-Gebirges auf der einen und der russischen Sektion und den Genfer Sektionen auf der anderen Seite. Aufhänger war die Frage, ob die Allianz in die romanische Föderation aufgenommen werden sollte. Im Lauf der Diskussion versuchten die Befürworter der Allianz vergeblich, deren frauenfreundliche Haltung zu ihren Gunsten in die Wagschale zu werfen. James Guillaume etwa sagte: »Die Statuten der Allianz verlangen die Emanzipation der Frau[^66]«, worauf Guétat, ein Gegner der Allianz, jedoch erwiderte: »Eine schöne Emanzipation ist das! Immer nur Worte und nichts als Worte! Der Chef des Geheimkomitees der Allianz, Bakunin, würde niemals Frauen ins Geheimkomitee aufnehmen, und seit diese Frage auf den Tisch gekommen ist, wird Bakunin auf eine Weise gegen die Frauen ausfällig, dass ich das hier gar nicht wiederholen kann. Da habt ihr die Emanzipation, die die Allianz predigt. Was uns andere angeht und soweit es die Genfer Sektionen betrifft, ist der beste Beweis dafür, dass wir uns zur Gleichheit der Rechte und Pflichten des Mannes und der Frau bekennen, dass eine Bürgerin als Delegierte der Frauensektion in Genf hier ist an unserer Seite und an unseren Diskussionen teilnimmt[^67]«. Worauf das Allianz-Mitglied Théodor Duval erklärte: »Ich weiß nicht, was sich auf den Sitzungen des Geheimkomitées abspielt, … aber es gibt Frauen in der Allianz, und der Beitritt steht ihnen offen[^68]« und Guillaume hinzufügte: »Wenn man sich gegen die Aufnahme von Frauen in das Geheimkomitee entschlossen hat, dann ist es eine Frage der Umstände. Ich persönlichbin anderer Meinung, ich glaube, dass die Frauen sehr nützlich sein können, aber man muß auch erst wissen, umwelche Frauen es sich handelt[^69]«. Nun meldete sich schließlich auch Marie Louvel zu Wort: »Ich möchte Herrn Guillaume antworten, dass wir sicher alle für unsere Emanzipation eintreten, und wir arbeiten energisch daran, das zu erreichen, aber wir wollen uns selbst emanzipieren, also durch die Internationale und nicht durch die Allianz[^70]«. Louvel stimmte in Chaux-de-Fonds gegen die Aufnahme der Allianz in die romanische Föderation, die Frauensektion schloß sich also der Partei Utins an.
Die Frauensektion nach der Spaltung der IAA
Für die alltägliche Arbeit der Frauensektion dürften diese Diskussionen nicht von allzu großer Bedeutung gewesen sein, da die beiden verfeindeten Fraktionen auch räumlich getrennt waren. In Genf hatte die Linie Utin/Dmitrieff nun eindeutig die Vorherrschaft, zumal die Bakunins Ende 1869 aus der Stadt weggezogen waren, sie wohnten jetzt jenseits der Alpen, in Locarno. Die diversen Aktivitäten der »Arbeiterinnensektion«, wie die Frauensektion nun hieß, gingen mit unverändertem Elan voran, nach wie vor finden sich regelmäßig Annoncen, Berichte und Veranstaltungshinweise in den IAA-Zeitungen.
Mit der Pariser Kommune und ihrer Niederschlagung verschob sich allerdings das ideologische Kräfteverhältnis in Genf erneut. Es waren vor allem Militante aus den Jura-Sektionen, die aktive Flüchtlingshilfe organisierten, falsche Pässe schmuggelten, den Flüchtlingen Unterkunft boten. Utin und seine Anhängerinnen und Anhänger blieben vergleichsweise untätig. Die Mehrheit der französischen Sozialistinnen und Sozialisten, die in die französischsprachige Schweiz flohen, schloß sich den Allianz-nahen Kreisen an.
Unter den Flüchtlingen befanden sich auch viele feministisch engagierte Frauen, zum Beispiel die bekannte Journalistin und Schriftstellerin André Léo, die gemeinsam mit James Guillaume zur Wortführerin der antiautoritären Internationale, der »jurassischen Föderation« wurde[^71], die Rednerin und Sozialistin Paule Minck, außerdem Marguerite Tinayre, die während der Kommune ein Widerstandskomittee gegründet hatte, Anna Jaclard, die gemeinsam mit André Léo die Kommunezeitung »La Sociale« herausgegeben hatte[^72] und Virginie Barbet, eine der Führerinnen der Internationale in Lyon[^73]. Sie alle standen inhaltlich eher auf der anarchistisch-antiautoritären Seite der Internationale, was während der Kommune zu Konflikten mit Elisabeth Dmitrieff geführt hatte, die als einzige aus dem Kreis um Utin nach Paris gegangen war und dort die Frauenorganisation »Union des Femmes« gegründet hatte[^74]. Virginie Barbet zum Beispiel hatte sich schon 1870 in einem Zeitungsartikel kritisch mit der Parteinahme der Frauensektion beim Chaux-de-Fonds-Kongress auseinandergesetzt[^75].
Es ist unklar, inwiefern sich diese französischen Sozialistinnen nun auch in der Frauensektion engagierten. Das Thema, das ihnen nun unter den Nägeln brannte, war verständlicherweise nicht so sehr die Situation der Frauen, sondern die Pariser Kommune. Angesichts der allgemein vorherrschenden Empörung der öffentlichen Meinung über den Kommuneaufstand, ging es ihnen darum, eine Gegenöffentlichkeit herzustellen, über die wahre Geschichte der Kommune zu informieren, und die Bluttaten der Versailler anzuprangern. Zu diesem Zweck gründeten Kommuneflüchtlinge gemeinsam mit ehemaligen Allianz-Mitgliedern (die Allianz hatte sich kurz vorher aufgelöst) im Sommer die »Sektion der Propaganda und der revolutionären Tat«. Die meisten der wortführenden französischen Sozialistinnen, insbesondere André Léo, Virginie Barbet, Paule Minck und Anna Jaclard, haben sich hier engagiert, nicht in der Frauensektion.
Lediglich von Marguerite Tinayre ist bekannt, dass sie in der Frauensektion Mitglied wurde, sie bekleidete im Sommer 1872 das Amt der Sekretärin[^76]. Präsidentin war jedoch weiterhin Demarchi[^77], was auf eine gewisse Kontinuität hinweist – insgesamt hielt sich die Frauensektion wohl weiterhin an die offizielle Linie des Generalrats. So gehörte die Vertreterin der Frauensektion im Genfer Kantonalrat, Frau Boulanger, im August 1872 zu den Unterzeichnenden einer Erklärung gegen das Bulletin der jurassischen Föderation, in dem die (von Marx und Engels herbeigeführten) Beschlüsse der Londoner Konferenz vom September 1871 kritisiert worden waren[^78]. Und offenbar war die Frauensektion auch an vom Londoner Generalrat betriebenen Mandatsbeschaffungsaktionen für den im September 1872 geplanten IAA-Kongress in Den Haag beteiligt – Eleanor Marx schrieb im Auftrag ihres Vaters an Utin, der seinerseits Olga Levaschov bat, dafür zu sorgen, dass die Frauensektion Harriet Law ein Mandat für den Kongreß beschafft, was dann auch geschah[^79].
Dennoch weist einiges darauf hin, dass die ideologischen Konflikte innerhalb der IAA für die Frauensektion auch jetzt noch von untergeordneter Bedeutung waren. Zumindest warb Paule Minck, die nun eindeutig zur antiautoritären Strömung zu rechnen ist, bei einem »Verbrüderungsfest« des Genfer Sektionsbundes am 22. Oktober 1871 dafür, dass Frauen sich der Genfer Sektion anschließen[^80]. Wenige Monate nach der Niederschlagung der Pariser Kommune bedeutete ein solches öffentliches Fest auch eine politische Demonstration. Im Bericht des Vorboten heißt es: »Es versammelten sich also … die Mitglieder des Kantonalraths (bestehend aus Delegierten der verbündeten Sektionen des Kantons Genf) im Temple Unique um sich, eine vollständige Musik, die rothe Bundesfahne (ein Geschenk der Frauensektion), sowie der Genfer kantonalen und der schweizerischen eidgenössischen Fahne an der Spitze, nach dem Hauptsammelplatz … zu begeben. … Der Zug, alsbald geordnet, trat seinen Marsch … an, voran die Assoziationsbehörden mit der Musik und den schon erwähnten Fahnen, gefolgt zunächst von der Frauensektion, theils die Kindlein auf dem Arm, anschließend die eingeladenen Gesellschaften[^81]«. Auch in dieser für die Internationale insgesamt so kritischen Phase steigerte die Frauensektion weiter ihre Aktivitäten. Noch immer gab es wöchentliche Treffen im Temple Unique[^82]. Demarchi nannte sich nun »Präsidentin der Zentralsektion der Arbeiterinnen« – was darauf hindeutet, dass es inzwischen verschiedene Untersektionen gegeben haben könnte[^83]. Bereits 1870 gab es jedenfalls Bemühungen, auch in Lausanne eine Frauensektion nach Genfer Vorbild zu gründen[^84], und im Sommer 1872 gründete sich zum Beispiel eine Krankenkasse für Frauen, Initiatorin war offensichtlich Marie Wilke, die die Arbeiterinnen aufforderte, auf diese Weise »die Wohlfahrt durch die Solidarität zu ersetzen[^85]«.
Doch mit dem Ende der Internationale, das mit der Verlegung des Generalrats nach New York 1872 faktisch, mit dessen Auflösung 1876 auch formell besiegelt wurde, endet auch die Geschichte der Genfer Frauensektion. Inwiefern aus ihren Aktivitäten weitere Projekte hervorgingen, die darüber hinaus Bestand hatten, inwiefern hier Frauen beeinflußt wurden, die auch später noch in der Arbeiter- oder Frauenbewegung sich engagierten, müßte erst noch erforscht werden. Dadie bisherige bibliothekenfüllende Internationaleforschung sich für diese Sektion merkwürdigerweise noch überhaupt nicht interessierte, ist da noch viel zu tun.
- [^1]: Peter Kropotkin, Memoiren eines Revolutionärs (Frankfurt 1961), S. 318.
[^2]: Zit. nach Karl Marx und Friedrich Engels, Werke Bd. 16 (Berlin 1971), S. 15.
[^3]: Zur Forschungsgeschichte vgl. Antje Schrupp, Frauen in der Ersten Internationale (Königstein 1999), S. 14ff.
[^4]: In einem Brief an Engels, in dem er anfragt, ob dessen damalige Lebensgefährtin Lizzy Burns nicht Mitglied werden wolle, vgl. Karl Marx und Friedrich Engels, Briefwechsel Bd. III (Berlin 1950), S. 259.
[^5]: Vgl. Schrupp (1999), a.a.O., S. 41ff.
[^6]: Die Forderung nach mehr Erwerbsarbeitsmöglichkeiten war neben dem Wahlrecht das Hauptanliegen vor allem der englischen Frauenbewegung jener Jahre, vgl. insb. Diane M.C. Worzala, The Langham Place (Ann Arbor/Michigan 1982), zum Verhältnis zwischen Frauenbewegung und Internationale auch Antje Schrupp: Das Verhältnis der englischen und französischen Frauenbewegung zur Ersten Internationale (unveröff. Magisterarbeit, Uni Frankfurt 1992).
[^7]: Vorangetrieben vor allem in Paris durch Eugène Varlin und Benoit Malon.
[^8]: Vgl. Schrupp (1999), a.a.O.
[^9]: Hilde Lion, Zur Soziologie der Frauenbewegung (Berlin 1926), S. 26.
[^10]: Vgl. insb. Claire Auzias und Annik Houel, La grève des ovalistes (Paris 1982), auch Schrupp (1999), a.a.O., S. 70ff.
[^11]: Jacques Freymond, La Première Internationale, Recueils et documents, Bd. I (Genf 1962), S. 424.
[^12]: Der Vorbote (Genf 1870), S. 12.
[^13]: Willy Keller, »Der Einfluß der I. Arbeiterinternationale auf die schweizerische Gewerkschaftsbewegung« in: Gewerkschaftliche Rundschau, Nr. 11 (1964), S. 310, vgl. auch Rudolf Meyer, Der Emancipationskampf des vierten Standes, Bd. II (Berlin 1875), S. 15 und Wilfried Haeberli, »Der erste Klassenkampf in Basel« in: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde (Basel 1964), S. 151.
[^14]: Vgl. Schrupp (1999), a.a.O., S. 266f.
[^15]: Vgl. Schrupp (1999), a.a.O., S. 130fff. Dort weitere Literaturhinweise.
[^16]: Zit. nach Freymond, a.a.O., Bd. II, S. 167.
[^17]: Vgl. Elfriede Wiss-Belleville, Pierre Coullery und die Anfänge der Arbeiterbewegung in Bern und der Westschweiz (Basel/Frankfurt a.M. 1987), S. 174f.
[^18]: Vgl. Meyer, a.a. O., S. 99.
[^19]: Helga Grubitzsch und Loretta Lagpacan, »Freiheit für die Frauen, Freiheit für das Volk«, Sozialistische Frauen in Frankreich 1830–1848 (Frankfurt a.M. 1980), S. 231, verweisen zwar auf einen Brief von Désirée Gay an Victor Considérant, in dem sie schreibt, sie sei 1866 bereits Vorsitzende der Genfer Frauensektion gewesen, doch datiert dieser Brief von 1890 und es ist wahrscheinlicher, dass sich Gay rückblickend in der Jahreszahl geirrt hat.
[^20]: Rolf R. Bigler, Der libertäre Sozialismus in der Westschweiz (Köln/Berlin 1963), S. 91.
[^21]: Wiss-Belleville, a.a.O., S. 175.
[^22]: Das wird aus einem Brief von Jules Gay an Michael Bakunin vom Januar 1869 deutlich, wonach Antonia Bakunin bereits »Gegenstand einiger Opposition in der Section des Dames« geworden war, vgl. Max Nettlau, Michael Bakunin. Eine Biografie (privat, London 1898–1900), S. 320. S. auch unten.
[^23]: Oskar Testut, Die Internationale. Ihr Wesen und ihre Bestrebungen (Leipzig 1872), S. 89.
[^24]: Egalité (Genf) vom 7.5.1870.
[^25]: Vgl. Jacques Freymond, Hg., Etudes et documents sur la Première Internationale en Suisse (Genf 1964), S.211.
[^26]: Ebd., S. 263.
[^27]: Vgl. Egalité (Genf) vom 7.5.1870 u.a.
[^28]: Zit. nach Louis Reybaud, Etudes sur les réformateurs ou socialistes modernes (1864, Neuausg. Genf 1979), S. 117.
[^29]: Ebd., S. 118.
[^30]: Diese Diskussionen beschäftigten sich etwa mit der Frage, ob Frauen bei ihrer politischen Selbstorganisation auf ähnliche Strukturen von Hierarchie und Führerschaft zurückgreifen sollten, wie Männer, oder ob sie eigene Formen der Normenbildung und Entscheidungsfindung etablieren sollten.
[^31]: Vgl. zur Lebensgeschichte Vérets insb. Grubitzsch/Lagpacan, a.a.O., S. 168ff.
[^32]: Ebd., S. 189.
[^33]: Ebd.
[^34]: Ebd.
[^35]: Vgl. Johann Philipp Becker, Wie und Wann?Ein ernstes Wort über die Fragen und Aufgaben der Zeit (Genf, London, Manchester 1862) S. 11–15, ders: Psalmen in Reinform. Neue Stunden der Andacht (Genf 1875), sowieGeorg Trübner, Johann Philipp Becker – ein Leben für die Freiheit, 1809–1886 (Jena 1957), S.258ff.
[^36]: Ebd., S. 215.
[^37]: Zit. nach Nettlau, a.a.O., S. 320.
[^38]: Vgl. Onslow Yorke, Geheime Geschichte der Internationalen Arbeiter-Association (Berlin 1872), S. 140f, sowie Der Vorbote (Genf 1869), S. 47f, worin der Temple Unique als »das größte und prachtvollste Gesellschaftslokal der Stadt« beschrieben wird.
[^39]: Vgl. Grubitzsch/Lagpacan, a.a.O., S. 210.
[^40]: Vgl. Der Vorbote (Genf 1871), S. 148, Egalité (Genf) vom 8.1.1870.
[^41]: Verantwortlich für diese Initiative war offensichtlich eine Mme Détraz, vgl. Annonce in der Egalité (Genf) vom 4.12.1869.
[^42]: Der Vorbote (1870), S. 11f.
[^43]: Franz Berghoff-Ising, Die socialistische Arbeiterbewegung in der Schweiz (Leipzig 1895), S. 39.
[^44]: Der Vorbote (1869), S.166.
[^45]: Die Saint-Simonistin Suzanne Voilquin.
[^46]: Zit. nach Grubitzsch/Lagpacan, a.a.O., S. 187.
[^47]: Ebd.
[^48]: Auf die Bedeutung der »Konsumptionsarbeit« für proletarische Familien hat Dorotha Mey, Die Liebe und das Geld. Zum Mythos und zur Lebenswirklichkeit von Hausfrauen und Kurtisanen in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Frankreich (Weinheim/Basel 1987) passim, insb. S. 56ff, hingewiesen. Zur Bedeutung der Familienmutter, der »menagère« für die Arbeiterkultur im 19. Jahrhundert und den wirtschaftlichen Interessen proletarischer Frauen im Unterschied zu den Männern vgl. Schrupp (1999), a.a.O., 23ff.
[^49]: Egalité (Genf) vom 6.2.1869.
[^50]: Ebd., S. 210.
[^51]: Egalité (Genf) vom 23.11.1872.
[^52]: Ebd.
[^53]: Zit. nach Grubitzsch/Lagpacan, a.a.O., S. 190.
[^54]: Zit. nach Nettlau, a.a.O., S. 320.
[^55]: Zit. nach Freymond (1964), a.a.O., S. 233.
[^56]: Michael Bakunin, Gesammelte Werke Bd. III (Vaduz/Liechtenstein 1924), hrsg. von Max Nettlau, S. 106.
[^57]: Vgl. zu dieser Kontroverse ausführl. Schrupp (1999), a.a.O., 107ff.
[^58]: Olga Levaschov ist die Schwester von Adèle Zinoviefv, der Ehefrau von Nikolai Joukowski, beide treue Mitglieder der Allianz. Dies zeigt, dass die ideologischen Trennungen zwischen der Utin- und Bakunin-Fraktion nicht so eindeutig verliefen, wie das in der Literatur manchmal dargestellt wird, vgl. auch Schrupp (1999), a.a.O., 106ff.
[^59]: Egalité (Genf) vom 2.3.1870.
[^60]: Egalité (Genf) vom 7.5.1870.
[^61]: Vgl. Egalité (Genf) vom 28.8.1870, auch Woodford D. Mc Clellan, Revolutionary Exiles. The Russians in the First International and the Paris Commune (London 1979), S. 99.
[^62]: Vgl. Der Vorbote (1871), S. 152, 165, 190 u.a.
[^63]: Zu Bakunins Antisemitismus vgl. Sylvie Braibant, Elisabeth Dmitrieff. Aristocrate et pétroleuse (Paris 1993), S. 80, zum Versuch einer Rechtfertigung durch Bakunin selbst Bakunin, a.a.O., S. 126ff.
[^64]: Michael Bakunin, Gesammelte Werke, Bd. II (Berlin 1922), hrsg. von Max Nettlau, S. 185f.
[^65]: Egalité (Genf) vom 7.5.1870.
[^66]: Egalité (Genf) vom 30.4.1870.
[^67]: Ebd.
[^68]: Ebd.
[^69]: Ebd.
[^70]: Ebd.
[^71]: Vgl. Schrupp (1999), a.a.O., S. 180ff.
[^72]: Anna Jaclard ist die Schwester der später als Mathematikerin berühmt gewordenen Sonia Kowalewski.
[^73]: Vgl. Schrupp (1999), a.a.O., S. 50ff.
[^74]: Vgl. Schrupp (1999), a.a.O., S. 131ff.
[^75]: Solidarité vom 18.6.1870 (Nr. 11 – das Datum dieser Ausgabe ist wegen eines Druckfehlers, fälschlicherweise mit 11.6.1870 angegeben. Es handelt sich um den Artikel »Pourquoi je suis collectiviste«, S. 2f).
[^76]: Arthur Lehning, Michel Bakounine et ses relations slaves 1870–1875 (Leiden 1974), S. 553.
[^77]: Egalité (Genf) vom 23.11.1872.
[^78]: Egalité (Genf) vom 13.8.1872.
[^79]: Vgl. Schrupp (1999), a.a.O., 290. Harriet Law war eine englische Freidenkerin, die bis 1869 Mitglied im Generalrat der IAA gewesen war. Es ist nicht klar, woran ihre Teilnahme – sie war nicht Delegierte beim Kongreß – letztlich gescheitert ist.
[^80]: Ihre Rede ist dokumentiert in Egalité (Genf) vom 7.12.1871.
[^81]: Der Vorbote (1871) 148f.
[^82]: Egalité (Genf) vom 7.7.1872.
[^83]: Egalité (Genf) vom 23.11.1872.
[^84]: Vgl. Annonce in Egalité (Genf) vom 5.3.1870 und vom 26.3.1870.
[^85]: Egalité (Genf) vom 29.8.1872.
aus: MEGA-Studien 1999, Berlin