Verheiratet mit der Reformation
Wenn jemand im wahrsten Sinn des Wortes mit der Reformation »verheiratet« war, dann sie: Wibrandis Rosenblatt ehelichte nämlich gleich drei berühmte protestantische Theologen. Vor 500 Jahren in Säckingen bei Basel geboren, verknüpfte sie wie kaum eine andere ihr privates Leben mit der Reformation und setzte Maßstäbe für das Bild der protestantischen »Pfarrfrau«. Als junge Witwe heiratete Wibrandis Rosenblatt (eine der wenigen Frauen, derer man sich mit ihrem Geburtsnamen erinnert, wohl weil sie so oft verheiratet war) den zwanzig Jahre älteren Reformator Johannes Oekolampad. Der war ein berühmter Prediger und Gelehrter, und so gaben sich im Baseler Pfarrhaus die bedeutenden Reformatoren der Zeit die Klinke in die Hand: Matthäus Zell, Martin Bucer, Wolfgang Capito. Die Pfarrfrau fand ganz offenbar Gefallen an ihrer Rolle und an diesen Männern und ihren Ideen. Als nämlich Oekolampad starb, heiratete sie schon bald darauf Wolfgang Capito und zog mit ihm nach Straßburg, wo er Prediger war. Doch die 1541 wütende Pest raubte ihr nicht nur drei ihrer fünf Kinder, sondern auch erneut den Ehemann. Ein Jahr später heiratete sie schließlich den dritten und berühmtesten ihrer Reformatoren-Ehemänner, nämlich Martin Bucer. Mit ihm bekam Rosenblatt auch erstmals die Verfolgung wegen ihres Glaubens zu spüren: Als die Evangelischen im Religionskrieg von 1546/47 unterlagen, musste Bucer als einer der führenden reformatorischen Theologen ins Exil nach England fliehen, wohin ihm Wibrandis Rosenblatt bald folgte. Zwei Jahre später starb auch Bucer und sie kehrte, im Alter von 46 Jahren zum vierten Mal Witwe geworden, in ihre Heimatstadt Basel zurück. Sie wurde dort im Kreuzgang des Münsters beigesetzt.
aus: Evangelisches Frankfurt 3/2004