In: efi, 2/2005
Über weibliches Begehren verständigen
Das kann ich auch meiner heranwachsenden Tochter erklären: »Spür mal ganz stark in diech hinein, was dir wichtig ist, und dann überlege, wie du es umsetzen kannst.«
Antje Schrupp beschäftigt sich speziell mit dem weiblichen Begehren, dem Begehren als Frau, als weibliches Subjekt in der Welt anwesend zu sein und sagen zu können: »Ich bin eine Frau und ich tue dies oder das.« Sie weist darauf hin, dass es das weibliche Begehren schon immer gegeben hat, es aber vor der Frauenbewegung keine Worte dafür gab und keinen Platz in der symbolischen Ordnung der männlichen Philosophien. Deshalb findet sie es so wichtig, dass Frauen, wenn sie begehren, sich untereinander über ihr Begehren verständigen, denn dann werden sie aktiv.
Es kommt darauf an, so Antje Schrupp, das weibliche Begehren ernst zu nehmen, auch dann, wenn es sich anderswo als bei den klassischen frauenpolitischen Forderungen aufhält. Und es ist wichtig, die Verhandlungsstärke von Frauen zu vergrößern, damit sie ihre Freiheit so lieben, dass sie nicht mehr bereit sind, sie einzutauschen gegen Lob und Anerkennung von Männern oder gegen scheinbare Sicherheiten.
Das heißt, bezogen auf die Sehnsucht meiner Tochter, einen guten Sinn für ihr Leben zu finden, sie zu ermuntern, sich auszutauschen und mit anderen über das, was ihr in ihrem tiefsten Innern wichtig ist, zu sprechen. So hat sie die Chance, ihr Begehren widergespiegelt zu bekommen, es dadurch noch besser zu verstehen und auch Ermutigung und Ideen zu bekommen, dieses oder jenes zu tun, also aktiv zu werden.
Umgekehrt, auch darauf weist Antje Schrupp hin, passieren die Dinge nicht von selbst, haben frauenpolitische Rückschläge und Rückschläge ganz allgemein, auch damit zu tun, dass das Begehren dann woanders ist. dies zu wissen ist für junge Menschen genauso wichtig wie für uns. Das, was unsere Vor-Mütter mit ihrer Sehnsucht erreicht haben, braucht zum Weiterbestehen die Solidarität unseres heutigen Begehrens.