Maike Wetzel: Lange Tage, Erzählungen, Fischer-TB, Frankfurt 2003, 10 €
Lange Tage verbringen die Leute in Maike Wetzels Geschichten. Sie verschlingen Hähnchen vom Grill mit Ketchup im Fußballstadion irgendeines Provinznestes, sitzen in irgendeinem spießigen Vorort-Einfamilienhaus am Tisch ihrer Kleinfamilie, zusammen mit einer Schwester, die einfach nichts mehr isst. Sie versinken in Erinnerungen an die vergangene Teenager-Beinahe-Affäre mit jenem jungen Mann, der sich soeben mit dem Auto gegen den Baum in den Tod gefahren hat. In kleine, spitzen Sätzen schreibt Maike Wetzel, und mit ihrer Hilfe macht sie kleinste Szenen und genau beobachtete Details auf den Punkt: Wie jemand eine saure Gurke aus dem Glas fischt und dann erst den Saft heraus saugt, bevor hinein gebissen wird. Die Hand auf dem Oberschenkel. Die ängstliche Blick der Beifahrerin auf den Tacho, der sich 180 nähert. Schöne kleine Geschichten sind das, und jede völlig anders als die nächste. Vom Liebesdrama bis zum Thriller, eine schöne Gute-Nacht-Lektüre für dunkle Winterabende.
Frauen Unterwegs, Dezember 2003