Louise Welsh: Dunkelkammer, Verlag Antje Kunstmann, München 2004, 19,90 €
Gleich mit ihrem ersten Roman hat die Britin Louise Welsh sich in die oberste Liga der Krimiwelt katapultiert: Rilke, ein etwas exzentrischer und neugieriger Auktionator, entdeckt bei einer Hausräumung pornographische Fotos der ganz harten Sorte, die der verstorbene Eigentümer in einer Dachkammer verwahrt hatte. Die Fotos sind zwar Jahrzehnte alt, verblichen und kaum noch zu erkennen, trotzdem setzt sich Rilke in den Kopf, herauszufinden, woher die Bilder stammen. Wer ist die tote Frau, die da missbraucht wird? Sind die Motive nachgestellt oder zeigen die Fotos grausige Realität? Und: Ist noch jemand am Leben, der zur Verantwortung gezogen werden kann? Auf hohem – auch literarischem – Niveau treibt Louise Welsh die Handlung ihres Thrillers voran. Dass die Autorin einen männlichen Ich-Erzähler wählt, ist für schon ungewöhnlich genug. Dass es ihr dabei auch noch gelingt, sowohl ihren männlichen Protagonisten glaubwürdig zu entwerfen, als auch das heikle Thema des sexuellen Missbrauchs sensibel zu bearbeiten, macht das Buch zum Lesetipp für dunkle Winternächte.
In: Frauen Unterwegs, Nov./Dez. 2004