Viktorija Kocman: Ein Stück gebrannter Erde. Novelle, Milena-Verlag, Wien 2003, 14,90 €
Marina, die Serbin, und Armin, der Kosovo-Albaner, leben schon lange in Wien und sind seit zehn Jahren ein glückliches Paar – wäre da nicht der Bürgerkrieg in ihrem Heimatland Jugoslawien, der ihre Familien zu Feinden hat werden lassen. Als Armins jüngere Schwester Arieta von Serben vergewaltigt wird und er sie mit nach Wien bringt, spitzt sich die Lage zu. Unversöhnlich verweigert sich Arieta jeder Beziehung zu Marina, der »Feindin«. Victorija Kocman schildert das Geschehen jeweils im Wechsel aus der subjektiven Perspektive der beiden Frauen, und ebenso hilflos wie der um Frieden und Ausgleich bemühte Armin schaut die Leserin zu, wie der Konflikt unweigerlich auf die Trennung der Nationalitäten auch im Privaten zusteuert. Am Ende bleibt die Frage: Wie sympathisch ist eigentlich Armins Bemühen, sich aus dem Streit der Frauen herauszuhalten? Ist das wirklich Pazifismus – oder zeigt sich darin vielleicht genau jene Gleichgültigkeit in Beziehungsfragen, die Marina schon vorher, in Friedenszeiten, an ihm missfallen hat?
Frauen Unterwegs, November 2003