Fahimeh Farsaie: Eines Dienstags beschloss meine Mutter, Deutsche zu werden. 260 Seiten, Ulrike Helmer-Verlag, Königstein 2006, 17,90 Euro
Dieser sehr vergnüglich zu lesende Roman erzählt die Geschichte der Familie Azad, deren beschauliches Leben durcheinander gerät, als Mutter Sima eines Tages beschließt, die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen. Vater Abbas Agha, ganz stolzer Perser, findet das unmöglich und bietet all seine Autorität auf, um das zu verhindern. Doch weder in der kämpferischen Pose des Volkshelden Dash Akoll, noch der Charme eines Omar Sharif, die Mystik der Sufis oder die herbeitelefonierten Mahnungen der im Iran lebenden und allseits gefürchteten Großmutter Manureh können etwas an Simas Entschluss ändern. Leidlich hilflos schauen sich die erwachsene Tochter Roya (aus deren Sicht der Roman erzählt ist) und der pubertierende, bereits in Deutschland geborene Sohn Reza alias Ryan den elterlichen Zwist an. Mit Erstaunen verfolgen sie die Energie und Konsequenz ihrer Mutter, die sich aus allen möglichen und unmöglichen Quellen über deutsche Lebensart informiert und selbst vor der Anschaffung chrombeschlagener Möbel oder dem Beitritt in einen Karnevalsverein nicht zurückschreckt. Währenddessen muss die Protagonistin Roya sich vor ihrem deutschen Liebhaber Peter dafür rechtfertigen, dass sie es nicht macht wie die Deutschen und ihrer chaotischen Familie einfach den Rücken kehrt. Und sie hat alle Hände voll zu tun, ihm zu erklären, warum sie nicht als Sherezade verkleidet seine erotischen Phantasien befriedigen oder den gemeinsamen Urlaub ausgerechnet in der Wüste Sinai verbringen will – in der Wüste wäre sie damals, als sechsjährige allein mit der Mutter auf der Flucht vor den Mullahs, nämlich beinahe gestorben. All dies, das Zukünftige und Gegenwärtige und Vergangene wird von Fahimeh Farsaie blumig vermengt erzählt, mit vielen offenen Enden, die aber am Ende doch alle irgendwie wieder zusammenfinden. Ein Buch, das man kaum aus der Hand legen kann, wenn man erst einmal mit dem Lesen begonnen hat.