Assia Djebar: Frau ohne Begräbnis. Unionsverlag, Zürich 2003, 17,90 €
In den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts schließt sich Zoulikha, überzeugte Muslimin und Patriotin, der algerischen Widerstandsbewegung gegen die französische Besatzung an. Sie wird verhaftet und erschossen, an einem unbekannten Ort, ohne Begräbnis. Jahrzehnte später besucht die algerische Historikerin und Schriftstellerin Assia Djebar die Töchter von Zoulikha und versucht eine Annäherung an die Widerstandsheldin. Sie befragt frühere Nachbarinnen und Weggefährten und setzt ein Bild dieser Frau wie ein Puzzle zusammen. Neben Bewunderung für Zoulikhas Mut, Freiheitsdrang und Überzeugungskraft ist da auch Raum für Kritik: Haben die Töchter es der Mutter wirklich verziehen, dass sie sie damals für »die Sache« im Stich gelassen hat? War es das wert? Ein Buch auf der Grenze zwischen Roman und Dokumentation, das eine hier zu Lande unbekannte Zeit näher bringt. Das ist auch deshalb spannend, weil es einen Einblick gibt in die Geschichte des Islam und seine Bedeutung für den antikolonialistischen Befreiungskampf.
Frauen Unterwegs, September 2003