Antje Schrupp im Netz

Frauengottesdienst – Ablauf

am 11.2.2003 in der Alten Nikolaikirche Frankfurt. Texte: Kordula Müller-Hesse und Antje Schrupp

Begrüßung

Lied: Ich sing dir mein Lied

Votum:Wir feiern diesen Gottesdienst

wie alle unsere Gottesdienste

als Fest des Lebens -

im Namen Gottes,

der Quelle allen Lebens,

im Namen Jesu Christi,

der die Welt neu zur Welt gebracht hat,

und im Namen der Heiligen Geistin,

die über dem Anfang brütete

und die uns bei allem neu werden beflügelt und begeistert.

Amen

Gebet (Du Gott, Freundin der Menschen, S. 86, oben)

Die Schöpfungsgeschichte – neu gelesen (1. Teil)

Lesen mit verteilten Rollen: Blau – Bibeltext, rot – Kommentar

Zur Zeit, als Gott Erde und Himmel machte, gab es noch keine Feldsträucher und Pflanzen, und niemanden, der den Ackerboden bestellte. Da formte Gott ein Erdwesen aus dem Ackerboden.

Das Erdwesen, Adam auf hebräisch, war weder weiblich noch männlich, weder alt, noch jung, weder schwarz noch weiß.

Gott blies den Lebensatem in die Nase des Erdwesens, so wurde es lebendig. Dann legte Gott in Eden einen Garten an und setzte dorthin das Erdwesen, das sie geformt hatte. Gott ließ allerlei Bäume wachsen, verlockend anzusehen und mit köstlichen Früchten. In der Mitte des Gartens aber den Baum des Lebens und den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Gott nahm also das Erdwesen und setzte es in den Garten von Eden, damit es ihn bebaue und hüte. Dann gebot Gott dem Erdwesen: Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen. Doch vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen, denn sobald du davon isst, wirst du sterben.

Auf das Essen der Frucht folgt also der Tod. Eine schwere Konsequenz. Aber keine Strafandrohung Gottes, eher eine Warnung. Wir werden sie mal im Hinterkopf behalten.

Dann sprach Gott: Es ist nicht gut, dass das Erdwesen allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe machen.

Das geschlechtslose Erdwesen brauchte also Hilfe. Alleine, als einziges seiner Art, konnte es die ihm gestellte Aufgabe nicht bewältigen. Alleine zu sein, ist nicht gut für das Erdwesen, nicht für die Zufriedenheit, nicht für das Wohlergehen – in vielerlei Hinsicht: Es ist nicht gut.

Gott ließ einen tiefen Schlaf auf das Erdwesen fallen, nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch. Gott baute aus der Rippe, die sie von dem Erdwesen genommen hatte, eine Frau und führtesie dem Erdwesen zu.

Eine Frau, die – im Unterschied zu dem Erdwesen – ein sexuelles Geschöpf ist, ein Mensch mit einem bestimmten Geschlecht also.

Und das Erdwesen sprach: Das endlich ist Bein von meinem Bein, und Fleisch vonmeinem Fleisch. Frau – ischah auf hebräisch – soll sie heißen, denn vom Mann – isch – ist sie genommen. Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch.

Erst jetzt, nach der Schöpfung der Frau, gibt es auch den Mann, der ebenfalls ein geschlechtliches Wesen ist. Und was ist aus Adam, dem Erdwesen geworden?

Die Katze und Pete

Die Geschichte von dem Erdwesen, das plötzlich eine Frau zur Seite bekommt, erinnert mich an eine andere Geschichte, die ich selbst erlebt habe.

In meiner früheren WG hatten wir eine Katze. Sie hatte keinen anderen Namen, es war einfach die Katze, es gab ja nur die eine. Ein paar Jahre lebten wir so mit der Katze zusammen – aber dann wurde sie schwanger.

Als das Katzenkind auf die Welt kam, hatten wir ein Problem. Zwei Katzen. Das heißt: wir mussten ihnen Namen geben, denn wie hätten wir sie sonst unterscheiden können?

Wir nannten das kleine Kätzchen Pete, die große Katze aber – blieb einfach die Katze. Das heißt, wir hatten also nun zwei Katzen: Die Katze, und Pete. »Katze« war also nun nicht mehr der Oberbegriff, sondern ein Name geworden.

So ähnlich ist es auch mit Adam und Eva. Adam, ursprünglich der Oberbegriff für alle Erdwesen, wird – sobald Eva auftaucht – ein einfacher Name.

Lied: Du Eva, komm sing dein Lied

Die Schöpfungsgeschichte – neu gelesen (2. Teil)

Die Schlange war schlauer als alle Tiere des Feldes, die Gott gemacht hatte. Sie sagte zu der Frau: Hat Gott wirklich gesagt: Ihr dürft von keinem Baum des Gartens essen? Die Frau entgegnete der Schlange: Von den Früchten der Bäume im Garten dürfen wir essen, nur von den Früchten des Baumes, der in der Mitte des Gartens steht, hat Gott gesagt: Davon dürft ihr nicht essen, sonst werdet ihr sterben.

Immer noch droht also angeblich der Tod….

Darauf sagte die Schlange zur Frau: Nein, ihr werdet nicht sterben. Gott weiß vielmehr: Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse. Da sah die Frau, dass es köstlich wäre, von dem Baum zu essen, dass der Baum eine Augenweide war und dazu verlockte, klug zu werden. Sie nahm von seinen Früchten und aß, sie gab auch ihrem Mann, der bei ihr war, und auch er aß. Da gingen beiden die Augen auf.

Die Frau und der Mann, die vom Baum der Erkenntnis gegessen haben, sterben also keineswegs (jedenfalls nicht sofort). Im Gegenteil, sie werden klug, genau wie die Schlange es gesagt hatte. Hat Gott also gelogen, als sie den Tod ankündigte?

Und sie erkannten, dass sie nackt waren. Sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich einen Schurz.

Nicht nur die Frau, auch der Mann erkennt nun, dass er nackt ist, dass er ein geschlechtliches Wesen ist. Vielleicht ist in der Tat jemand gestorben: Adam nämlich, das geschlechtslose Erdwesen. Aber Gott weiß das noch nicht. Oder weiß sie es doch, hat Gott vielleicht genau das gewollt?

Als sie Gott im Garten einherschreiten hörten, versteckten sie sich unter den Bäumen. Und Gott rief das Erdwesen und sprach: Wo bist du? Adam antwortete: Ich habe dich im Garten kommen hören, da geriet ich in Furcht, weil ich nackt bin, und versteckte mich. Darauf fragte Gott: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du von dem Baum gegessen, von dem zu essen ich dir verboten habe? Und Adam antwortete: Die Frau, die du mir beigesellt hast, sie hat mir von dem Baum gegeben, und so habe ich gegessen.

Adam gibt also Gott die Schuld: Hätte Gott die Frau nicht gemacht, so hätte Adam wohl nie vom Baum der Erkenntnis gegessen. Gott scheint das einzusehen, denn sie insistiert nicht weiter.

Gott sprach zu der Frau: Was hast du da getan? Die Frau antwortete: Die Schlange hat mich verführt, und so habe ich gegessen.

Die Frau hat sich verführen lassen, weil sie neugierig war, weil sie zwischen gut und böse unterscheiden wollte. Sobald die sexuelle Differenz ins Spiel kommt, gibt es nämlich keine Norm mehr, an die wir uns halten können. Wir erkennen, dass die Menschen unterschiedlich sind. Verschiedene Meinungen, Perspektiven, Wünsche kommen ins Spiel. Und die Menschen müssen Urteile fällen. Sie müssen wählen, ob sie so oder so handeln wollen. Sie werden Fehler machen. Sie können nicht mehr im Paradies, im Stadium der Unschuld, bleiben.

Gott klärte die Menschen, die Frau und den Mann, auf, über das Leben, das sie nun, erwartete: Sorge um die Kinder, Angst vor dem Leiden, Schmerzen, Krankheit, mühsame Arbeit und Tod, auf einander angewiesen sein.

Das alles ist keine Strafe, sondern unausweichliche Konsequenz.

Und Adam nannte seine Frau Eva, Leben, denn sie wurde die Mutter aller Lebendigen. Gott machte Adam und Eva Röcke aus Fellen und bekleidete sie damit. Dann sprach Gott: Seht, das Menschenwesen ist geworden wie wir

Wie wir? Auch Gott ist also nicht alleine, nicht eine oder einer…

Das Menschenwesen erkennt Gut und Böse.

Erst als Adam und Eva das Paradies verlassen, eine Frau und ein Mann, die auf andere angewiesen sind, weil sie alleine nicht überleben können, erst in diesem Moment ist die Schöpfung abgeschlossen. Das geschlechtslose Erdenwesen musste sterben, damit es Menschen geben konnte. Erst Eva hat die Welt zur Welt gebracht, denn sie führt unsdie Konsequenzen der Schöpfung vor Augen. Übrigens: Das Wort Sünde kommt in dieser biblischen Geschichte an keiner Stelle vor.

Gott schuf also den Menschen alsihr Abbild, als Abbild Gottes.

So wird es auch in der anderen, später geschriebenen biblischen Version der Schöpfungsgeschichte noch einmal bekräftig. Sie ist auch als ein Kommentar zur Paradiesgeschichte zu verstehen.

Als Mann und Frau schuf Gott sie. Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar, und vermehret euch. So geschah es. Und Gott sah alles an, was sie gemacht hatte: Es war sehr gut.

Lied: Sehet die Frauen (sie schauen im Traum der Weisheit Früchte am Schlangenbaum)

Was wäre, wenn es Eva nicht gegeben hätte? (im Wechsel)

  • dann gäbe es keine Frauen. Soviel ist klar.

  • dann gäbe es aber auch keine Männer. Denn Adam wäre das geschlechtslose Menschenwesen geblieben.

  • es gäbe überhaupt keine Unterschiede zwischen den Menschen.

  • dann gäbe es aber auch keine Liebe auf der Welt, denn wer sollte Adam, dieses Menschenwesen, lieben? Und wen könnte Adam lieben, wenn es auf der Welt keine anderen gibt?

  • dann gäbe es auch keine Sexualität, keine Schwangerschaften, keine Kinder. Niemand würde sie empfangen, niemand würde sie zur Welt bringen.

  • dann könnten die Menschen nichts Neues zur Welt bringen, keinen neuen Anfang machen. Es gäbe keine Ideen, keine Initiative. Alles würde immer so bleiben, wie es ist.

  • dann gäbe es keine Erkenntnis von gut und böse. Wir könnten nichts beurteilen, uns keine Meinung bilden – freilich würden wir uns auch nicht streiten. Worüber auch.

  • dann wären die Menschen immer noch so hilflos wie damals Adam, das Erdwesen: Sie hätten niemanden von dem sie lernen können, niemanden, der ihnen hilft, ihre Träume und Wünsche zu verwirklichen.

  • Schlimmer noch: Sie hätten überhaupt keine Träume und Wünsche, denn sie könnten sich gar nicht vorstellen, das etwas anders wäre.

Das mag das Paradies sein – aber wollten wir wirklich so leben?

Einladung zum Zweiergespräch »Was brüte ich gerade aus?«

Welche Träume und Wünsche bewege ich gerade in meinem Herzen? Wo will in meinem Leben »etwas Neues zur Welt kommen«? Welche neuen Anfänge, neuen Ideen oder Initiativen wollen/sollen ausgebrütet werden?

Lied: (nochmals) Du Eva, komm sing dein Lied

Einladung, ein Licht anzuzünden verbunden mit einer Bitte zu einem aktuellen Brütprozess« oder auch mit einer ganz allgemeinen Bitte

Vater/Mutter unser

Kollekte: ZAN (Frauenzentrum in Kabul)

Segensgebet:

Gott,

lebendige Quelle von Zärtlichkeit und Widerstand,

segne Euch,

sie berühre Euch,

fließe in Euch,

durchströme Euch

Und behüte Euch vor dem Schein-Heiligen,

vor Gleichgültigkeit und Lähmung des Herzens

Gott lasse leuchten ihr Angesicht über Euch

und lasse Euch leuchten,

dass Ihr Licht verbreitet in der Welt

Und sei Euch gnädig,

wenn Ihr verstrickt seid in Enge und Angst,

sie löse Euren Atem und führe Euch ins Weite

Gott erhebe ihr Angesicht auf Euch,

sie erkenne Euch,

wie Ihr seid

und sich in Euch

Und schenke Euch ihren Frieden aus Gerechtigkeit und Liebe,

den Schalom, größer als alle Vernunft

Amen so soll es sein,

von Ewigkeit zu Ewigkeit

und von Anfang zu Anfang.

Sabine Simon

Segenslied und -tanz: Gott stärke dich