Die weibliche Abwesenheit neu deuten
Feministische Sozialistinnen in der Ersten Internationale: Über das schwierige Verhältnis von Frauen und politischer Ideengeschichte
Die politische Ideengeschichte ist fast ausschließlich von Männern bevölkert. In einem Standardwerk des Faches, dem fünfbändigen »Handbuch der politischen Ideen«1sind von den etwa 5000 im Index aufgeführten Personen nur rund 100 Frauen, also gerade mal zwei Prozent. Diese frappierende Abwesenheit der Frauen lässt sich nicht einfach mit dem herkömmlichen wissenschaftlichen Androzentrismus erklären, denn sie übertrifft diejenige in anderen akademischen Disziplinen und anderen Teilbereichen der Politikwissenschaft selbst (etwa »internationale Beziehungen« oder »politische Institutionen«) bei weitem. Sie lässt sich auch nicht als politisches Desinteresse deuten, denn Frauen waren immer politisch aktiv, jedenfalls betrug ihr Anteil an sozialen Bewegungen und politischen Gruppen (sofern sie nicht an einer Teilnahme gehindert wurden) zu jeder Zeit weit mehr als zwei Prozent, was Dank der historischen Frauenforschung inzwischen gut dokumentiert ist.
Die Abwesenheit der weiblichen Differenz betrifft also nicht einfach die Politik als solche, sondern speziell die Geschichte der politischen Ideen. Wie lässt sich diese Abwesenheit erklären?
Die italienische Philosophin Wanda Tommasi hat darauf hingewiesen, dass sich durch diese (männliche) politische Ideengeschichte wie ein roter Faden ein Konflikt zieht, und zwar der »Konflikt der Söhne mit den Vätern, die sich in Todesgefahr begeben, um die Beute der Wahrheit einzufangen«2: Auf Parmenides folgt Platon, auf Platon Aristoteles und so weiter bis heute, wobei jede »Aufhebung« der alten Ideen gleichzeitig die Konservierung des väterlichen Andenkens bedeutete. Tommasi und andere Autorinnen der weiblichen philosophischen Gemeinschaft Diotima entdecken darin ein männliches Bedürfnis nach Sichtbarkeit und Eindeutigkeit,3weshalb es beim Nachdenken über die Abwesenheit der Frauen aus der politischen Ideengeschichte nicht einfach um die Frage nach ihrem Ausschluss (und entsprechend als Gegenbewegung: um ihren Einschluss) gehen könne. Festzustellen sei vielmehr eine neue Relativität, eine neue Art der Beziehung zwischen einer »Politik der Frauen« und dem, was in männlicher Kultur »Politik« heißt – eine Relativität, »die die Abwesenheit in ein Anderswo-Sein verwandelt hat, und die Distanz vom Zentrum in eine Nähe zu etwas Anderem.«4
Anders gesagt: Wenn Frauen einerseits politisch aktiv und interessiert waren, andererseits aber in dem männlichen ideengeschichtlichen Diskurs so auffällig fehlen – was taten sie stattdessen? An welchen Orten hielten sie sich auf, wenn nicht dort, wo über richtig und falsch einer politischen Strategie gestritten wurde? Und: Ist es dort, wo sie sind, nicht vielleicht interessanter?
Ich möchte dies am Beispiel der sozialen Bewegungen in der Mitte des 19. Jahrhunderts erläutern, genauer am Beispiel der Ersten Internationale, dem legendären Dachverband der europäischen Arbeiterbewegung in den Jahren 1864 bis 1872.5Die Quellenlage zur Internationale ist außergewöhnlich gut, fast alle ihre Protokolle und Beschlüsse sind editiert, und es gibt eine riesige Fülle von Sekundärliteratur. Aktivitäten von Frauen sind ebenfalls relativ gut belegt, es finden sich in den Quellen zahlreiche Spuren von Frauen, die in der Internationale aktiv waren: Da ist zum Beispiel Virginie Barbet in Lyon, die eine sozialdemokratische Frauengruppe gründete, Artikel für sozialistische Zeitungen schrieb und im Briefwechsel mit führenden Anarchisten stand. Oder die junge Russin Elisabeth Dmitrieff, die in Genf eine Sektion der Internationale gründete, die nach London reiste, um Karl Marx kennen zu lernen, und die in der legendären Pariser Kommune (1871) einen großen der Internationale angeschlossenen Frauenverband gründete. Ebenfalls ein führendes Mitglied der Kommune war die französische Schriftstellerin und Feministin André Léo, die mit ihrem Eintritt in die Internationale für Aufsehen und Verwunderung sorgte. Und da ist Victoria Woodhull, eine US-amerikanische Feministin und erste weibliche Präsidentschaftskandidatin, die in New York Sektionen der Internationale gründete und später wegen inhaltlicher Differenzen mit Marx aus der Internationale ausgeschlossen wurde.6
Wer waren diese Frauen? Welche politischen Ideen vertraten sie? Was ist ihr Beitrag zur Ideengeschichte des Sozialismus? Üblicherweise werden sie – soweit die bisherige Forschung überhaupt auf sie eingeht – einer der üblichen »Schulen« zugeordnet. Virginie Barbet sei eine Anarchistin, heißt es, weil sie Mitglied in einer von Michael Bakunin gegründeten anarchistischen Gruppe war. Elisabeth Dmitrieff sei Marxistin, weil sie Kontakt mit Karl Marx suchte und gegen die Anarchisten polemisierte. André Léo und Victoria Woodhull wiederum seien gar keine »richtigen« Sozialistinnen, weil sie zu oft gemeinsame Sache mit den Bürgerlichen, mit der »Bourgeoisie« machten. Diese Interpretationen stellen also die Frage nach der politischen Identität, nach Gleichheit und Ungleichheit, nach Zugehörigkeit und Ausschluss: X vertritt die gleichen Thesen wie Y, ist in derselben Gruppe aktiv wie Z. Es werden »Schulen« gebildet: X ist Anhängerin von Y, und Gegnerin von Z. Wenn Dmitrieff Marxistin ist, kann sie keine Anarchistin sein. Wenn Woodhull an der Börse spekuliert, dann kann sie keine Sozialistin sein, und so weiter. Auch Frauenforscherinnen folgten häufig diesem Schema. Sie meinten zum Beispiel, die Sozialistinnen ließen sich keine dieser Strömungen zuordnen, sondern bildeten eine eigene »Frauenfraktion«. Allerdings: Wenn André Léo nicht das Frauenwahlrecht zum Thema macht, kann sie auch keine »richtige« Feministin sein, und so weiter.7
Im Fall der Ersten Internationalen scheint diese Herangehensweise sogar recht plausibel. In ermüdender Breite und Ausführlichkeit diskutierten die Sektionen, Ausschüsse und Kongresse nämlich genau solche Fragen: über einzelne Formulierungen in einzelnen Statuten, über die Frage, wer dazu gehört und wer nicht. Allein die Zulassung der Delegierten zum Beispiel nahm bei den in der Regel fünftägigen internationalen Kongressen oft zwei bis drei Tage (!) in Anspruch.8Bei diesen Kongressen waren allerdings niemals Frauen anwesend. Gibt es vielleicht einen Zusammenhang zwischen dieser Abwesenheit der Frauen und der Langeweile, die die viele hundert Seiten Protokolle und die oft kleinkariert wirkenden Streitereien unter den Delegierten der Internationale-Kongresse, die sie dokumentieren, verbreiten? Anders gefragt: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Abwesenheit der Frauen und dem Umstand, dass dort – aus Sicht der an weiblicher Ideengeschichte interessierten Forscherin – nichts Interessantes geschah?
Denn natürlich finden nicht alle diese Protokolle langweilig: Mit ebensolcher Sorgfalt wie die Delegierten vor 140 Jahren ihre Tagesordnung abarbeiteten, editierten männliche Historiker später deren Protokolle und produzierten eine enorme Menge von Sekundärliteratur. In besonders frappierendem Kontrast steht diese Fleißarbeit zu dem Umstand, dass es gleichzeitig sehr interessante Themen und Fragestellungen gegeben hätte, für die sich jedoch weder die Akteure von damals noch ihre späteren Interpreten zu interessieren scheinen. Ein herausragendes Beispiel hierfür sind die höchst irritierenden Ansichten einer anarchistischen Internationale-Sektion zur Geschlechterdifferenz, und zwar der von Bakunin mit gegründeten »Allianz der sozialistischen Demokratie«, in der zahlreiche namentlich bekannte Frauen, darunter Virginie Barbet, Mitglied waren. Die Allianz forderte in ihren Statuten bereits 1869 »die Gleichmachung der Geschlechter und der Klassen«9– eine für die damalige Zeit ganz und gar außergewöhnliche Formulierung, denn selbst die emanzipiertesten Frauenrechtlerinnen gingen im 19. Jahrhundert von der Existenz einer ontologisch feststehenden Geschlechterdifferenz aus. Jedoch blieb dieser geschlechter-egalitäre Ansatz der Allianz-Statuen sowohl in der Internationale selbst als auch in der männlich dominierten Forschung gänzlich undiskutiert. Und das, obwohl das Allianz-Programm insgesamt aufs Genaueste einer Prüfung, Diskussion, Kritik und Überarbeitung anheim fiel – sowohl seitens des Generalrats der Internationale als auch der späteren Sekundärliteratur. Doch die Frage, was es denn nun mit der »Gleichmachung der Geschlechter« auf sich hatte, die hat ganz offensichtlich keinen dieser Männer interessiert, weder damals noch später.10
Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass die »Frauenfrage« die Internationale nicht beschäftigt hätte. Im Gegenteil waren Themen wie Frauenerwerbsarbeit, die mögliche (zugelassene oder erwünschte) Mitgliedschaft von Frauen und Frauensektionen in der Internationale, die Rolle der Frau in der Familie und ähnliches wichtige Schwerpunkte in den Debatten vor allem der ersten Kongresse, auch wenn sich die Forschung später nicht damit beschäftigt hat.11Die weibliche »Abwesenheit« betrifft daher nicht einfach die »Frauen« als soziologische Größe oder als Objekt der Auseinandersetzung, sondern genauer: die Frauen als denkende und handelnde und sich dabei nicht nur von den Männern sondern auch voneinander unterscheidenden Subjekte – also eben als mögliche Urheberinnen einer weiblichen Ideengeschichte.
Der konkreten Abwesenheit der Sozialistinnen in Fleisch und Blut von den Kongressen der Internationale auf der einen sowie ihre Abwesenheit von der Forschung über die Internationale auf der anderen Seite lässt sich noch eine dritte Abwesenheit hinzufügen: Und zwar die Abwesenheit der Sozialistinnen von den Diskussionen über die als zentral angesehenen Themen der Internationale. Ob es um die Gründung von Arbeiterparteien, das Gemeinschaftseigentum an Grund und Boden, das Privateigentum an Produktionsmitteln, das Erbrecht oder die Haltung zur »Polenfrage« ging – von wenigen Ausnahmen abgesehen12äußerten sich die Sozialistinnen entweder gar nicht zu diesen vermeintlich neuralgischen Punkten der Debatte, oder ihre Positionen blieben merkwürdig blass. Ohnehin veröffentlichten sie wenig Theoretisches zum Wesen des Sozialismus – André Léo schrieb vorwiegend Romane, Victoria Woodhull zog das öffentliche Redenhalten vor, und wenn sie sich politisch äußerten, dann selten in Grundsatztexten, sondern eher journalistisch, mit Kommentaren und Berichten zu tagesaktuellen Ereignissen.13Elisabeth Dmitrieff publizierte überhaupt nicht, lediglich von Virginie Barbet sind theoretische Manifeste überliefert.14
Doch nicht nur im Bezug auf Anzahl und Umfang ihrer ideengeschichtlichen Beiträge zum Sozialismus ist die Ausbeute dürftig, auch inhaltlich scheinen die Texte oft widersprüchlich und nicht kohärent. Gemessen an den wortgewaltigen Manifesten und Pamphleten der Männer machen sie irgendwie eine schlechte Figur: Keine klaren Positionen, keine umwälzenden neuen Ansätze, keine deutlichen Abgrenzungen zu Gegnern, keine theoretische Originalität. Die feministischen Sozialistinnen gelten in der historischen Rückschau deshalb im Allgemeinen auch als unbedeutend. Die Sozialismus-Forscher halten sie für unbedeutend, weil sie keine wichtige Rolle in den zentralen politisch-theoretischen Kontroversen spielten, die die verschiedenen Lager (hier vor allem: Marxismus und Anarchismus) miteinander ausfochten. Und die Frauenforscherinnen halten sie für unbedeutend, weil sie keine klassischen frauenrechtlerischen Forderungen vertraten, wie zum Beispiel die nach dem Wahlrecht, und insofern nichts Wesentliches zur Geschichte des Feminismus beigetragen hätten.
Auch hier zeigt sich also eine Abwesenheit dieser Frauen, die sich nicht ohne weiteres aus Diskriminierung und Männerdominanz erklären lässt, sondern auf einen tieferen Grund hinweist: Der körperlichen Abwesenheit der Frauen von den Kongressen korrespondiert ganz offenbar ihre geistige Abwesenheit aus den für wichtig erachteten Debatten. Wie lässt sich dann aber etwas über den Beitrag der Frauen zur Ideengeschichte des Sozialismus herausfinden?
Hilfreich ist es, an diesem Punkt einen Schritt zurückzutreten und das Ganze in den Blick zu nehmen. Denn dann zeigt sich, was an diesen Frauen in der Ersten Internationale vor allem irritierend und damit interessant ist – nämlich die schlichte Tatsache als solche: dass sie als Feministinnen überhaupt in die Internationale eingetreten sind. Denn immerhin war die Internationale in ihren Anfangsjahren dezidiert antifeministisch. Auf ihren ersten beiden Kongressen fassten die Delegierten Beschlüsse gegen die weibliche Erwerbsarbeit15und bezogen damit dezidiert Stellung gegen die zeitgenössische Frauenbewegung, der es zu jener Zeit vor allem um verbesserte Erwerbsmöglichkeiten für Frauen ging. Besonders stark war diese Tendenz in Frankreich unter dem Einfluss des Proudhonismus. So schloss die Pariser Sektion lange Zeit Frauen explizit aus und verweigerte ihnen die Mitgliedschaft – was aber wiederum viele Frauen keineswegs davon abhielt, in der Internationale mitzuarbeiten und sich als deren Mitglieder zu verstehen.16Mit ihrer offen gegen den Feminismus gerichteten Positionierung wurde die Internationale in der öffentlichen Diskussion auch durchaus als antifeministisch wahrgenommen.
Bevor sich daher sinnvoll untersuchen lässt, was die feministischen Sozialistinnen in der Internationale inhaltlich zur Ideengeschichte des Sozialismus beizutragen hatten, muss also zunächst einmal eine ganz andere Frage gestellt werden: Wieso eigentlich traten sie als Feministinnen überhaupt einem solchen Männerverein mit antifeministischen Strömungen bei? Denn anders als bei sozialistisch denkenden Männer ist so ein Entschluss bei Frauen eben keineswegs selbstverständlich oder auch nur nahe liegend gewesen – selbst dann, wenn sie keine ausgewiesenen Feministinnen waren. Noch viel erklärungsbedürftiger ist dies bei Frauen, die wie die hier untersuchten Sozialistinnen allesamt aus der Frauenbewegung kamen: Virginie Barbet zum Beispiel war Mitglied einer sozialistischen Frauengruppe in Lyon und hatte als deren Delegierte 1868 an einem Kongress der »Friedens- und Freiheitsliga« in Bern teilgenommen, der dezidiert frauenfreundliche Beschlüsse fasste. Trotzdem verließ sie zusammen mit Bakunin und anderen die Friedensliga, um sich der Internationale anzuschließen. Warum? Elisabeth Dmitrieff kam aus dem russischen Nihilismus, einer Bewegung junger Männer und Frauen, die mit konventionellen Geschlechterrollen gebrochen hatten und mit freieren Lebensweisen experimentierten. Warum hat sie diese fortschrittlichen und innovativen Kreise verlassen, um sich einem drögen Altmännerverein anzuschließen? André Léo war schon lange eine führende Persönlichkeit der französischen Frauenbewegung und eine anerkannte Schriftstellerin. Warum setzte sie ihre Reputation aufs Spiel, um sich der Internationale anzuschließen – einer verbotenen und zudem in Frankreich noch besonders antifeministischen Gruppierung? Und Victoria Woodhull schließlich, ein Star der amerikanischen Frauenbewegung: Was wollte sie in einer Organisation, die in Amerika völlig unbedeutend war und nur eine Handvoll Mitglieder zählte?
Die These könnte nun folgendermaßen lauten: Was, wenn die »Idee«, die hinter dem politischen Handeln dieser Frauen stand, nicht diese oder jene theoretische Überzeugung wäre, sondern die Tat als solche? Der körperliche und persönliche Akt, Mitglied zu werden und in einer Vereinigung, die diese Mitgliedschaft keineswegs gutheißt oder gar würdigt, ist offenbar ein symbolischer Akt. Mit ihrem Beitritt zur Internationale setzten sich die Sozialistinnen in der Tat dem Vorwurf des Verrats an den Interessen der Frauen aus, denn die Mehrzahl der zeitgenössischen Feministinnen stand der organisierten Arbeiterbewegung und speziell der Internationale äußerst kritisch gegenüber. Dieser Schritt führte deshalb bei allen vieren zu einem Konflikt mit ihren früheren Mitstreiterinnen, der vielfach dokumentiert ist. Worin also bestand die Relevanz dieser Entscheidung?
Um dies zu verstehen ist es nötig, einen Blick auf die zeitgenössischen Entwicklungen zu werfen. Noch in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts hatten beide sozialen Bewegungen, die Arbeiter- und die Frauenbewegung, Hand in Hand gearbeitet. Die frühsozialistischen Bewegungen vertraten insgesamt einen breiten kulturellen Anspruch, ihre Forderungen und Experimente galten neuen Lebens- und Wirtschaftsformen, die Familie, Geschlechterbeziehungen und Produktionsverhältnisse gleichermaßen betrafen. Doch in der Mitte des Jahrhunderts drifteten beide Bewegungen auseinander. Die Frauenbewegung fokussierte ihre Anliegen zunehmend auf nur noch zwei Themen: die Schaffung besserer Erwerbsarbeitsmöglichkeiten und damit verbunden besserer Bildungschancen auf der einen, und formale Gleichberechtigung und politische Partizipation, darunter das Wahlrecht, auf der anderen Seite. Andere Anliegen traten in den Hintergrund, wie etwa die Frage der innerfamiliären Rollenaufteilung der Geschlechter, die Aufmerksamkeit für die von Frauen geleistete Haus- und Erziehungsarbeit, grundsätzliche Diskussionen über das Verhältnis der Geschlechter, die Frage weiblicher Sexualität, das Nachdenken über die Bedeutung von Freiheit und das Verhältnis von Individuum und Kollektiv oder die Entwicklung nicht-bürgerlicher Kultur und Lebensweisen. Eine ähnliche Entwicklung durchlief die Arbeiterbewegung: Auch hier ging es zunehmend um die Frage der politischen Mitbestimmung (Suche nach politischen Allianzen, Gründung von Arbeiterparteien) sowie um konkrete Gesetzesvorhaben zum Schutz der Arbeiter (zum Beispiel auch vor der Konkurrenz durch Frauenerwerbsarbeit).
Eine Feministin, die in dieser Zeit Mitglied in einem männerdominierten Arbeiterverband wie der Internationale wurde, löste sich also aus einem unfruchtbaren Patt, in das die Arbeiterbewegung und die Frauenbewegung mit ihren Positionen geraten waren, und die sie nun wie Feinde aussehen ließ, obwohl sie doch eigentlich beide für eine bessere, gerechtere Gesellschaft eintreten sollten.
Vielleicht lässt sich vor diesem Hintergrund die theoretische Zurückhaltung der Frauen in der Internationale erklären: Eine Feministin, die in die Internationale eintritt, äußert ihre Kritik an diesem unfruchtbaren Patt nämlich gerade nicht , indem sie eine dritte Partei gründet, einen weiteren theoretischen Text schreibt, in dem sie darlegt, wie schädlich diese Frontstellung ist, sondern sie überwindet sie konkret. Sie geht hin zum vermeintlichen Gegner. Sie verlässt die Politik der Positionierungen und Standpunkte und tritt ein in eine Politik der Beziehungen. Indem sie so handelt, bringt sie ihre persönliche Differenz ins Spiel, und das führt unweigerlich zu Diskussionen: Was willst du hier? Wollen wir dich überhaupt bei uns haben? Und wenn, dürfen deine Lebensumstände und Erfahrungen (zum Beispiel als Frau) hier eine Rolle spielen? Der körperliche Akt als solcher, das Eintreten einer Frau aus Fleisch und Blut in die Organisation der »anderen«, schafft die Notwendigkeit einer Vermittlung, die anders niemals zustande kommen wäre. Und das zeigte Erfolge. Besonders deutlich wird das in Frankreich. Hier haben die französischen Sozialistinnen nicht theoretisch gegen den Ausschluss der Frauen argumentiert, sondern sie haben mitgearbeitet, Verbündete gesucht, bis schließlich dieses Verbot obsolet geworden war. Insgesamt hat sich die Internationale nach einigen Jahren in der Tat tendenziell von ihrer früheren, antifeministischen Position gelöst, gleichzeitig ist ein deutlicher Anstieg weiblicher Unterstützung für sozialistische Anliegen zu beobachten.
Unter dieser Perspektive gewinnen die Aktionen und Schriften der Sozialistinnen, die auf der Folie der theoretischen Positionierungen der klassischen Internationale-Fraktionen so unzusammenhängend und wankelmütig erscheinen, durchaus einen Sinn. Dass zum Beispiel Virginie Barbet die Forderung einer »Liga für Frauenemanzipation« nach höheren Löhnen für Textilarbeiterinnen scharf kritisiert, während sie noch kurz zuvor die Forderung streikender Textilarbeiterinnen nach Lohnerhöhung unterstützt hat: Aber was sich aus dem Mund bürgerlicher Feministinnen wie ein Arrangement mit dem kapitalistischen System anhört (denn es geht Barbet um eine grundlegende Neuorganisation der Arbeit, nicht um ein bisschen mehr Geld), kann im Rahmen eines Streiks durchaus sinnvoll sein. Ihr Handeln erscheint nur widersprüchlich, wenn man darin nach Positionen sucht, die sich in politische Kategorien einordnen lassen – will sie denn nun Lohnerhöhung oder nicht? Aber es gewinnt Sinn, wenn der Kontext in den Blick genommen wird, die Beziehungen, die sich hinter einer solchen Forderung verbergen: Im ersten Fall distanziert sie sich von einer abstrakten Forderung einer bürgerlichen Frauengruppe. Im zweiten Fall aber will sie die Arbeiterinnen, die sich im Streik befinden, unterstützen. Nicht der Gegenstand der Forderung selbst ist es, der zählt, sondern die Haltung in der konkreten Situation, den konkreten Menschen gegenüber, die dabei eine Rolle spielen. Ähnliche Beispiele lassen sich auch bei den anderen Sozialistinnen finden: André Léo etwa ist einmal gegen eine Beteiligung von Frauen am bewaffneten Kampf (in einer Situation, als dies aus militärischer Sicht keinen Sinn hat), dann ist sie wieder dafür (als die Pariser Kommune akut bedroht ist). Auch ihr geht es offenbar nicht um eine bestimmte Position, nicht ums Prinzip, sondern um die Frage, wie in einer gegeben Situation zu handeln ist.
Eine solche Politik erfordert die Abkehr von Prinzipien zugunsten einer Wertschätzung des Kontextes, zu einem Handeln in Beziehungen.17Entsprechend konterkarierten die Sozialistinnen auch einen Topos ihrer Zeit, wonach Politik zunehmend als Streit zwischen Parteien verstanden wurde. Immer weniger ging es im politischen Diskurs nämlich um das allgemeine Gute, sondern man ging dazu über, gesellschaftliche Interessensgegensätze zu betonen (Männer gegen Frauen, Kapital gegen Arbeit). Viele Frauenrechtlerinnen dieser Jahre sahen die Ursache für das Übel der Frauen zunehmend in der Böswilligkeit der Männer. Die amerikanische Feministin Elisabeth Cady-Stanton etwa sprach von einem Kampf »male versus female«18, französische Feministinnen interpretierten den bürgerlichen Antifeminismus als feindlichen Akt von Männern gegen Frauen.19Dass die Sozialistinnen diese Sichtweise kritisierten, hat sie dem (von Zeitgenossinnen wie später von Forscherinnen vorgebrachten) Verdacht ausgesetzt, sie fürchteten eine konsequente Konfrontation mit dem männlichen Patriarchalismus, sie seien nicht wirklich »radikal« – ein merkwürdiger Vorwurf bei Frauen, die wie André Léo und Elisabeth Dmitrieff im politischen Kampf ihr Leben riskierten, die wie Virginie Barbet ins Exil gezwungen wurden oder wie Victoria Woodhull im Gefängnis landeten.
Nicht fehlende Radikalität war der Grund, warum sich die Sozialistinnen dem verführerischen Schema »Männer gegen Frauen« widersetzten, sondern vielmehr die Treue zu den Wurzeln der sozialen Bewegungen, die für das allgemeine Gute eingetreten waren. Denn eine ganz ähnliche Kontroverse hatten sie in der Arbeiterbewegung zu führen. Auch hier lief der Trend nämlich hin zur Betonung von Interessensgegensätzen, in diesem Fall von Arbeit und Kapital, von Proletariat und Bourgeoisie. Nicht immer betonten sie diese Haltung so ausdrücklich wieVictoria Woodhull, die in einer Artikelserie zum Thema Kapital und Arbeit mehrfach schrieb, es sei »eine falsche Meinung, dass die Interessen von Arbeit und Kapital sich antagonistisch gegenüberstehen«20– was folgerichtig auf marxistischer Seite zu ihrer sozialistischen Exkommunizierung führte.Dies war im übrigen der einzige Punkt, an dem sich Marx und Bakunin, die beiden größten Widersacher in der Internationale, einig waren: dass jede Zusammenarbeit mit republikanischen und liberalen Kräften strikt abzulehnen sei. Und eben diesen Konflikt, der Woodhull in Widerspruch zum marxistischen Flügel brachte, hatte André Léo auf anarchistischer Seite mit Bakunin auszutragen. Dass sie Kooperationen auch mit Menschen außerhalb des engen Zirkels proletarischer Kräfte suchten – André Léo etwa bei republikanischen Kreisen, Victoria Woodhull in der Anti-Sklaverei-Bewegung und im Spiritismus, und beide natürlich unter Frauenrechtlerinnen – bedeutete vor dem Hintergrund des »Klassenkampfes«, dass sie als »bourgeois« eingeordnet wurden.
Im Licht des bisher Gesagten gewinnen diese Vorwürfe eine neue Bedeutung. Sie korrespondieren nämlich mit entsprechenden Vorwürfen der Kollaboration mit dem vermeintlichen Gegner auf Seiten der Frauenrechtlerinnen: So warf etwa die US-amerikanische Wahlrechtsaktivistin Susan Anthony Victoria Woodhull vor, sie sei »von männlichen Geistern« besessen21, und die meisten französischen Feministinnen distanzierten sich von André Léo, als diese die Pariser Kommune unterstützte. Während also die Frauenrechtlerinnen den Sozialistinnen Männerbündelei vorwarfen, mokieren sich die Internationalisten über ihre Kooperationsversuche mit der Bourgeoisie – sie saßen also zwischen den Stühlen und galten als theoretisch unklar und unzuverlässig. Die Kritik am uneindeutigen »Klassenstandpunkt«, die von Seiten der Internationalisten gegen kooperationsbereite Sozialistinnen vorgebracht wurde, sowie am uneindeutigen »Frauenstandpunkt«, der ihnen von zeitgenössischen Frauenrechtlerinnen entgegen gebracht wurde, wiederholte sich in der späteren Forschung, die sie nämlich aus eben diesem Grund als unbedeutend für eine feministische bzw. sozialistische Ideengeschichte einordnete.
Doch dieses Urteil übersieht, dass hier eine andere Weise des politischen Handelns entdeckt wurde. Die feministischen Sozialistinnen hatten nämlich verstanden, dass sich das Problem der Zersplitterung der sozialen Bewegungen nicht auf theoretische Weise lösen ließ. Denn die antagonistischen Interessen von Männern und Frauen, Arbeitern und Unternehmern waren schließlich eine Tatsache, die Konflikte hatten ja einen realen Hintergrund. Die entsprechenden Analysen der Sozialisten auf der einen und der Frauenrechtlerinnen auf der anderen Seite waren ja keineswegs aus der Luft gegriffen: Viele männliche Arbeiter dieser Jahre übernahmen bürgerliche Antifeminismen, viele Frauenrechtlerinnen trugen zum Lohndumping bei, indem sie zu Streikbrecherinnen wurden oder bei Unternehmern mit niedrigeren Frauenlöhnen für Frauenarbeitsplätze warben. Sowenig sich in feministischen Kreisen die »soziale Frage« platzieren ließ, so schlecht ließ sich im sozialistischen Milieu die »Frauenfrage« integrieren. Die sozialistischen Feministinnen standen gewissermaßen mit je einem Bein auf auseinanderdriftenden Eisschollen: Einerseits die Arbeiterbewegung, andererseits die Frauenbewegung. Gegen diesen Trend vertraten sie die Auffassung, dass die Grundlage von Politik nicht der kompromisshafte Ausgleich von Interessenskonflikten ist (für die Arbeiterbewegung: Gründung sozialdemokratischer Parteien, betriebliche Mitbestimmung, für die Frauenbewegung: Wahlrecht, Quoten und Förderprogramme), aber auch nicht der revolutionäre Kampf der beiden Lager (kommunistische Revolution, Krieg von Frauen gegen Männer) ist, sondern im Gegenteil: Die Geltendmachung der gemeinsamen Interessen aller Menschen.
Statt theoretische Positionen auszuarbeiten, die nur zu weiteren Verhärtungen führen würden, verkörperten die feministischen Sozialistinnen eine Politik der persönlichen Vermittlungsarbeit: Hingehen und mit den anderen reden. Beziehungen aufbauen, in Kontakt bleiben statt abstrakte Forderungen zu erheben und klare Grenzen zwischen Freund und Feind zu ziehen. So wie Virginie Barbet bei einem großen Streik in Le Creuzot, wo sie die Frauen der streikenden Männer anführte: Ihr Vorgehen war es, mit den Soldaten zu reden, die den Streik niederschlagen sollten, und ihnen klar zu machen: Was ihr macht, ist falsch. Wir sind eure Nachbarinnen, eure Mütter, und dies sind eure Brüder, wir haben keine gegensätzlichen Interessen.22Genau dieses politische Handeln – hingehen und mit den anderen reden – ermöglichte auch das erste realsozialistische Experiment Europas, die Pariser Kommune: Als am 18. März 1871 französische Soldaten die Waffen aus der Stadt abtransportieren sollten, um sie den preußischen Belagerern auszuhändigen, gingen die Frauen hin und redeten mit ihnen. Sagten ihnen, dass sie die Waffen brauchten, um sich gegen die Angreifer zu verteidigen und luden die jungen Männer ein, bei diesem Experiment, eine Stadt nach sozialistischen Prinzipien zu gestalten, mitzumachen. Mit Erfolg: viele Soldaten ließen sich überzeugen.
Die feministischen Sozialistinnen verfolgten hier eine Praxis, die sich durchaus als eine »Politik der Frauen« beschreiben lässt. Denn es gehört zur Lebenserfahrung von Frauen, dass die eigene Existenz weniger auf irgend einer »Identität« gründet, angefangen beim eigenen Namen, den Frauen mit jeder Heirat ändern, über die Berufstätigkeit, die sie flexibel den jeweiligen familiären Notwendigkeiten anpassen, bis hin zur Zugehörigkeit zu einer politischen Partei. Die Existenz einer Frau hängt nicht von ihrer »Identität« ab, sondern von den Beziehungen, die sie führt, und alle Namen, die sie dafür findet, alle Inszenierungen, die sie wählt, um sich in dieser Welt zu zeigen, haben nicht den Sinn, irgend eine Identität zu definieren, sondern Vermittlungen zu finden zwischen dem, was eine ist und dem, was die/der andere ist. Sie haben den Sinn, zu verhandeln über die eigenen Wünsche und die Wünsche der anderen, und zwar nicht abstrakt und theoretisch, sondern konkret, im hier und jetzt. Eine solche Politik haben die feministischen Sozialistinnen auch gegenüber ihren eigenen Geschlechtsgenossinnen aus der Frauenrechtsbewegung vertreten, die sich dem politischen Diskurs der Männer anpassten, weil sie glaubten, so effektiver und relevanter zu sein.
Zum Handeln und Verhandeln braucht man Worte, Zeichen, Symbole. Sprachliche Zeichen wie Begriffe, aber auch äußerliche Zeichen wie Kleidung, Namen und Parteizugehörigkeit haben den Zweck, mit anderen zu kommunizieren, mich mit ihnen in eine Beziehung zu setzen. Wie wir sprechen, wie wir uns bezeichnen, wie wir uns kleiden, welches Parteiabzeichen wir tragen, das alles ist Teil einer Inszenierung, es sind Aussagen. Sie haben nicht die Bedeutung von Definitionen. Sie legen nicht fest, was ich bin, sondern im Gegenteil: Ich bin es, die sie mit Leben und Bedeutung füllt.23Das ist keineswegs nur Taktik, sondern das Wesen des Politischen. Jede Identität definiert sich über die Grenze zum Anderen, jede Gleichheit über den Ausschluss dessen, was ungleich ist. Und damit ist nicht nur die Grenze nach außen, zu den anderen, den Ungläubigen, den Häretikern, den Ausländern, gemeint, sondern notwendig auch eine Grenze nach innen. Egal was ich als meine Identität benenne, immer wird es auch Teile an mir selbst geben, die der Definition nicht entsprechen.
Dieses Wissen brachten die Sozialistinnen in der Mitte des 19. Jahrhunderts in einen zeitgenössischen politischen Diskurs ein, der gerade von einem gegensätzlichem Trend geprägt war: dem Entstehen eines modernen Parteiensystems. Es ist kein Zufall, dass eines der Themen, an denen die Internationale schließlich zerbrochen ist, die Frage nach der Gründung politischer Arbeiterparteien war (was die Marxisten befürworteten, die Anarchisten ablehnten). In dem Bemühen, sich in diesen politischen Trend ihrer Zeit einzuordnen, interpretierten auch viele Frauenrechtlerinnen den Feminismus nicht mehr als Bewegung zum Wohl der Allgemeinheit, sondern als Interessensverband von Frauen, der »parteiisch« ihre Anliegen gegen die »anderen«, die Männer in diesem Fall, vertreten sollte. Im Diskurs über politische Ideen aber – egal, ob er in Form von Petitionen, Parteiprogrammen und politischen Theorien geführt wird oder in Form einer politikwissenschaftlichen Forschung über diese Ideen – geraten die Personen, die ihn führen, und die Beziehungen, die sie untereinander verbinden, in den Hintergrund. Sie werden reduziert auf eine psychologische Deutung der beteiligten Individuen oder die soziologischen Umstände ihres Entstehens, werden also lediglich als Mittel herangezogen, um die politischen Texte selbst zu verstehen.
Die politische Praxis von Frauen lehrt jedoch – und die Sozialistinnen des 19. Jahrhunderts sind dafür ein wichtiges Beispiel – dass es genau anders herum ist: Dass die konkreten Beziehungen zwischen politischen Akteuren und Akteurinnen das Zentrale der Politik sind, und nicht die Standpunkte, die sie jeweils vertreten. Weil es im Politischen nicht um die Ideen selbst geht, sondern um die Vermittlungsarbeit im Bezug auf Ideen.24Es sind immer Beziehungen, in denen über das Politische verhandelt wird, wofür Texte, Positionen und Standpunkte zwar hilfreich sein können, aber nicht entscheidend. Die Frauen in der Ersten Internationale stehen für eine weibliche Praxis, der es darum geht, Politik zu verkörpern und nicht darum, Stellung zu beziehen.
Dieser Text basiert auf einem Vortrag, den ich im September 2005 bei einem Internationalen Historikerinnentreffen in Bremen gehalten habe. Er sollte eigentlich in einem Aufsatzband erscheinen, der die Vorträge dieses Kongresses dokumentiert, wurde aber von den Herausgeberinnen als zu »unakademisch« abgelehnt.
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Herfried Münkler und Iring Fetscher (Hg): Handbuch der politischen Ideen, München/Zürich 1985-1993. ↩
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Wanda Tommasi: Di madre in figlia, in: Diotima: Approfittare dell’assenza, Napoli 2002, S. 7, (Übers. Antje Schrupp). Tommasi bezieht sich auf die Philosophie insgesamt, für die politische Ideengeschichte ist ihre Analyse aber umso zutreffender. ↩
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Diotima: Approfittare dell’assenza, Napoli 2002, passim. Die Diotima-Philosophinnen arbeiten seit den 1980er Jahren an einer Theorie der sexuellen Differenz, die weder auf einer Bezugnahme auf ein männliches Gegenüber gründet, noch auf einer essentialistischen oder ontologischen Vorannahme. Einige ihrer Schriften sind auch auf deutsch erschienen, vgl. insb. Diotima u.a.: Die Welt zur Welt bringen, Politik, Geschlechterdifferenz und die Arbeit am Symbolischen, Ulrike-Helmer-Verlag, Königstein 1999, sowie Diotima: Jenseits der Gleichheit. Über Macht und die weiblichen Wurzeln der Autorität, Ulrike-Helmer-Verlag, Königstein 1999. ↩
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Tommasi, a.a.O., S. 28. ↩
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Vgl. Antje Schrupp: Nicht Marxistin und auch nicht Anarchistin. Frauen in der Ersten Internationale, Königstein 1999. ↩
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Vgl. hierzu auch Antje Schrupp: Das Aufsehen erregende Leben der Victoria Woodhull, Königstein 2002. ↩
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Hinweise finden sich meist nur in Anmerkungen und Randnotizen, vgl. dazu Schrupp, Nicht Marxistin, a.a.O. passim, spezielle Arbeiten zu den einzelnen Frauen gibt es im Bereich der Internationale-Forschung nicht. Biografien aus dem Bereich der historischen Frauenforschung gibt es einige, insbesondere wurde Victoria Woodhull in letzter Zeit »wiederentdeckt«, jedoch beschäftigen sie sich fast gar nicht mit dem sozialistischen Engagement der Frauen. Vgl. z.B. Sylvie Braibant: Elisabeth Dmitrieff. Aristocrate et pétroleuse, Paris 1993, Gastaldello, Fernanda : «André Léo, scrittrice d’avanguardia » in : Francia, Nr. 39/1980, Mary Gabriel: Notorious Victoria. The Life of Victoria Woodhull, Uncensored : Chapel Hill, 1998, Barbara Goldsmith: Other Powers. The Age of Suffrage, Spiritualism, and the Scandalous Victoria Woodhull, New York 1998, Lois B. Underhill: The Women Who Ran for President. The Many Lives of Victoria Woodhull, Bridgehampton 1995. Eine gewisse Ausnahme bilden die Arbeiten über die Pariser Kommune, deren große Unterstützung seitens der Frauen schon früh aufgefallen ist. Wertvolle Informationen bietet insb. das Standardwerk von Edith Thomas: Les Pétroleuses, Paris 1963, sowie jüngst Carolyne Eichner: Surmounting the Barricades. Women in the Paris Commune, Indiana 2004. ↩
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Nachzulesen sind die Protokolle bei Freymond, Jacques: La Première Internationale, Recueil et documents, 2. Bde, Genf 1964. ↩
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Dokumentiert in: Freymond, Jacques, a.a.O., S. 233. ↩
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Vgl. dazu ausführlich Schrupp: Nicht Marxistin, a.a.O., S. 57ff. ↩
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Vgl. dazu ausführlich Schrupp: Nicht Marxistin, a.a.O., S. 35ff. ↩
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Eine Ausnahme ist Virginie Barbets pointierter Standpunkt zur »Erbrechtsfrage«: Einer der wichtigsten Streitpunkte zwischen Marxisten und Anarchisten in der Internationale war die Frage, ob eine sozialistische Gesellschaft durch die Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln (Marx) oder durch die Abschaffung des Erbrechts (Bakunin) zu erreichen wäre. Barbet war an diesem Punkt eine der führenden Theoretikerinnen, die für die »Erbrechtslösung« plädierten. Sie argumentierte unter anderem, dass die Abschaffung des Erbrechts nicht nur wirtschaftliche, sondern auch kulturelle Aspekte hätte, weil sie patriarchale Familienstrukturen relativieren würde, vgl. Schrupp: Nicht Marxistin, S. 80ff. ↩
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André Léo schrieb für verschiedene sozialistische Zeitungen, u.a. die Egalité. Dabei war sie in der Tat nicht nur Literatin, sondern auch politische Theoretikerin, allerdings nicht zu sozialistischen Themen, sondern hinsichtlich der »Frauenfrage«, vgl. etwa ihre »Observations d’une mère de famillle à M. Duruy, Paris 1865, sowie ihr Grundsatzwerk »La femme et les moeurs. Monarchie ou Liberté, Paris 1869. Victoria Woodhull publizierte eine eigene Wochenzeitung, die »Woodhull and Claflins Weekly«. Ihr einziges theoretisches Buch »The Origin, Tendencies and Principles of Government, New York 1871, kam mit Co-Autorenschaft von Stephen Pearl Andrews zustande. Ausführliche Literaturangaben bei Schrupp, Nicht Marxistin, a.a.O. ↩
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Insb. Barbet, Virginie: Deisme et Athéisme, Lyon 1869, Réponse d’un membre de l’Internationale à Mazzini, Lyon 1871, sowie Religions et libre-pensée, Genf 1881. ↩
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Vgl. Schrupp, Nicht Marxistin, a.a.O., 35ff. ↩
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Vgl. ausführlich Schrupp, Nicht Marxistin, a.a.O., S. 23ff. ↩
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Hinweise auf ähnliche Paradigmenwechsel erbrachte eine feministische Reflexionen nicht nur im Bezug auf die politische Ideengeschichte, sondern auch in anderen Wissenschaften. Vgl. dazu insb. Ina Praetorius (Hg): Sich in Beziehung setzen. Zur Weltsicht der Freiheit in Bezogenheit, Königstein 2005. ↩
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Zit. nach Ellen C. DuBois: Feminism and Suffrage, Ithaca 1978, S. 175. ↩
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Insbesondere Jeanne D’Héricourt: La femme affranchie, Bruxelles 1860, und Olympe D’Audouarde: Guerre aux hommes, Paris 1866. ↩
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Victoria Woodhull: The Origin, Tendencies, and Principles of Government, New York 1871, S. 128. ↩
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Zit. nach Sachs, Emanie: The Terrible Siren. Victoria Woodhull, New York 928, S. 156. Vgl. zu dieser Kontroverse ausführlich Schrupp, Antje: Woodhull, a.a.O., S. 163f u.a. ↩
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Vgl. Barbet, Virginie: Manifeste des femmes lyonnaises adhérentes à l’Internationale von 1870, dokumentiert bei Oscar Testut: L’Internationale et le Jacobinisme, Band 1, Paris 1872, S. 277-279, sowie Barbets Aufruf in der anarchistischen Zeitung Solidarité vom 16.4.1870, S. 4 IIf. Vgl. dazu auch Schrupp, Nicht Marxistin, a.a.O. 90ff. ↩
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Vgl. dazu auch Zamboni, Chiara: Unverbrauchte Worte. Frauen und Männer in der Sprache, Rüsselsheim 2005. ↩
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Zur aktuellen Relevanz dieser Erkenntnis vgl. auch Schrupp, Antje: Zukunft der Frauenbewegung, Rüsselsheim 2004. ↩